Der Baumarkt
Thomas Sauer
Hand aufs Herz, als Kind gab es doch fast nichts schöneres als fröhlich und sich unbeobachtet fühlend durch eine gut sortierte Spielwarenabteilung zu toben, oder? Die Eltern in einer der viel unspannenderen Abteilungen wissend, alles mal ausprobieren, den Argusaugen der Kaufhausangestellten entwischend durch die Gänge laufen und hier mal etwas der tollen Spielsachen antesten, dort mal mit den Kindgerechten und ganz sicher nicht pädagogisch korrekten Waffen herumhantieren, herrlich viel Lärm mit den so genannten
Musikinstrumenten machen und davon träumen, dass Papa über Nacht Millionär wird und den ganzen Summs mit nach Hause zu nehmen erlaubt. Das waren noch Zeiten.
Den Platz der damals als Paradies angesehenen Konsumtempel hat bündig und ohne erkennbaren Übergang die weit verbreitete Kette der Baumärkte eingenommen. Die Gänge voll gestopft mit den herrlichsten Gerätschaften erkunden ist fast so schön wie damals im Spielwarenladen. Nur dass man(n) nicht mehr Mutti oder Vati weglaufen musste um richtig Spaß zu haben, den Job hat genauso übergangslos die Lebengefährtin übernommen. "Was willst du denn mit dem Gerät? kannst doch eh nicht mit umgehen, und hinterher muss
ich wieder mit nen Pflaster helfen".
Alles beim Alten geblieben, schön dass es so was noch gibt! Am meisten Freude bereitet es mit zwei Freunden den Baumarkt zu erkunden weil man irgendetwas zusammen basteln/reparieren will. Noch besser wirds wenn keiner vom Fach ist. Das Unterfangen eine einfache sagen wir mal Steckdose zu installieren artet aufgrund massiver Unwissenheit in eine unglaubliche Materialschlacht aus.
"Nimm lieber hier diesen Bohreraufsatz noch mit, wer weiß wozu das Ding gut ist, und nachher stehst du ohne da, und der Laden hat dann auch schon zu."
"Meinste wirklich ich brauch das Teil? Billig isses ja nicht gerade"
"Ja, sicher richtig, zur Not kannste mir das Werkzeug dann mal ausleihen."
Schade nur dass es mit Vaterns Million dann doch trotz jahrelangem Daumendrückens nicht so ganz geklappt hat, im Baumarkt könnte man herrlich Geld ausgeben. So viele unbekannte Werkzeuge, die ausprobiert werden wollen, so viel Material, das bearbeitet werden will! Eine Schande es, nicht mitnehmen zu können. Klasse sind auch die im Baumarkt durchgeführten Vorstellungen etwaiger Neuerungen auf dem Heimwerkermarkt. Jeder Profi lacht sich krumm über das Dargebotene, der zukunftsorientierte Heimwerker nimmt lieber
mal eins mit. Allein schon um beim Notfall auch wirklich exzellent ausgerüstet zu sein. Kennt man ja, Beim Rohrbruch keinen elektronisch auf Fuzzilogik beruhenden Lötkolben im Keller vorrätig und die gesamte Nachbarschaft bekommt nasse Füße. Wer will das Risiko denn schon eingehen? Oder wenn der liebe Nachbar nach einem bestimmten Werkzeug fragt und man es nicht hat, welch Schmach. Gibt es eigentlich Studien über die vorhandene Werkzeugmenge in Deutschland? Vor allem wie viel davon wirklich benutzt wird? Wär
mal spannend. Schätze mit dem brach liegenden Werkzeug könnte man aus dem südamerikanischen Kontinent eine flächendeckende Werkstatt aufbauen und währe dann immer noch für mindestens drei Generationen vor Verschleiß geschützt. Bei der Menge an Maschinen ist es zwar aufgrund Steckdosenmangels nicht durchführbar, aber wenn alle Geräte rein zur Probe gleichzeitig für drei Minuten eingeschaltet werden würden, würde der Verbrauch zum völligen Zusammenbruch der inländischen Stromversorgung führen. Aber getreu dem Motto:
"Was man hat, hat man" wird fleißig eingekauft.
Eingereicht am 16. Januar 2005.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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