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Remoulade an der Tankstelle?
Christian Schmidt
Beim Frühstück auf der Arbeit esse ich oft Müsli, aber leider nicht immer.
Oft treibt mich schon morgens um 5:30 der Hunger zur Suche nach etwas Deftigerem, meist giere ich nach frischen belegten Brötchen.
Da ich keine Lust und Zeit habe, sie mir zu Hause zu schmieren und zu belegen, fahre ich auf dem Weg zur Arbeit meist an einem Büdchen vorbei und kaufe mit dort mein Frühstück.
Wenn ich möchte, komme ich auf dem Weg an vier Tankstellen, zwei sind leider noch geschlossen, 2 Bäckereien und 2 Büdchen vorbei. Büdchen sind bei uns kleine Kioske, oft ist auch noch ein Steh-Cafe dabei, an denen schon morgens um 5:30 Leute stehen (daher der Name), rauchen und trinken, ja sogar schon Bier.
Dies ist immer ein richtiger Schock, da kommt man aus der frischen Morgenluft und es verlangt nach lecker warmen Brötchen und man trifft auf Alkoholfahnen und Nikotindunst. Die Menschen, vorzugsweise Männer, kommen überwiegend von der Nachtschicht. Es ist ja bewiesen, dass viele von ihnen aufgrund der Arbeitsumstände schon früher altern, aber es kommt wohl der Drang diese Vorgänge nochmals zu beschleunigen unverständlicherweise hinzu.
Wenn ich also morgens keinen Alkohol und Nikotingeruch einatmen möchte halte ich vorher an einer Tankstelle um mich mit Brötchen zu versorgen. Leider hat auch dies Nachteile, die Brötchen sind doppelt so teuer und schmecken bei weitem nicht so gut wie von meinem Büdchen, denn ihnen fehlt die Remoulade.
Den Bäckereien auf dem Weg fehlt auch die Remoulade und außerdem versuchen sich Bäckereien offensichtlich damit zu übertreffen, wer die matschigeren Tomaten auf die leckeren Hälften klatscht. Nein, Bäckereien stehen bei belegten Brötchen eindeutig auf meiner Liste ganz hinten. Dabei könnten sie doch einfach auf die Tomaten verzichten und auf die schlabberigen Gurkenscheiben noch dazu. Aber nein, man möchte den Leuten suggerieren, dass das dick mit Butter geschmierte Salamibrötchen gar nicht so ungesund ist, denn
es hat ja Vitamine und sekundäre Pflanzenfarbstoffe in Form von Gurken und Tomaten anzubieten. In Wahrheit bieten diese mickrigen Scheiben nur eines an: Wasser im Geschmack und Wasser in der Konsistenz!
Also zurück in das ungesunde Dunst-Büdchen. Dort gibt es dick Remoulade auf die noch besseren Baguettes mit Käse. Dazu noch Zwiebeln - wenn man mag - und ein knackiges, frisches Salatblatt. Das Salatblatt ist natürlich auch nicht der Heilsbringer, aber es knackt wenigstens und schmeckt nicht nach Wasser.
Es gibt Wissenschaftler, die sich mit nichts anderem beschäftigen als den Knack-Faktor von Chips und Keksen zu verbessern und ich glaube mit Recht!
Ich finde das natürliche Knacken von frischem Salat einfach schön.
Dies alles finde ich in meinem Büdchen zu einem unschlagbaren Preis und als Extra-Bonbon gibt es noch zwei Blätter Küchenpapier dazu. Das nenne ich vom Feinsten. Bei mir auf der Arbeit gibt es nämlich nur so ein Recycling-Papier zum Abtrocknen, wie man es auf öffentlichen Toiletten manchmal findet. Nicht dass ich etwas gegen Recycling hätte, ganz im Gegenteil, aber dieses Papier verwöhnt den Mund nicht gerade beim Abtrocknen und hinterlässt den typischen Altpapier-Nachgeschmack, da lobe ich mir doch mein Zewa.
Bei diesen positiven Aspekten der Büdchen-Brötchen bzw. Baguettes frage ich mich immer, warum schließen immer mehr Büdchen und die Menschen kaufen Brötchen an der Tankstelle, vielleicht noch mit frischem Benzoel als Extra-Garnierung?
Ich glaube, es liegt an der fehlenden Marketing-Strategie. Den Büdchen fehlt es einfach an der Lobby und an einem angemessenen Werbe-Etat. Die kleinen Büdchen leben halt nur von der Laufkundschaft oder von Mund zu Mund Propaganda. Haben Sie neben einer halb nackten H&M Schönheit schon mal ein Plakat gesehen mit "Kauft morgens Eure Brötchen in Erna´s Büdchen!"? Sehen Sie.
Ich mache jetzt mal den ersten Schritt: wenn Sie mal in Leverkusen sind, kauft die belegten Brötchen und Baguettes bei "Bei Agnes", da gibt es auch immer dick Remoulade drauf!
Eingereicht am 27. Dezember 2004.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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