Männer sind alle gleich
© Onivido Kurt
Karneval! Und ausgerechnet heute musste sie wieder ihre Migräne plagen. Ausgerechnet heute, wo sie doch auf eine Party zu Henrik wollten. Henrik war ein Großmaul, aber seine Parties wurden seinen Angebereien mehr als gerecht. Fred hatte sich eigens dazu ein Superman Kostüm eingehandelt. Nicht besonders originell fand Margaret, aber Fred wollte bestimmt seine Muskelpakete zur Schau stellen und sie verzieh ihm das, weil sie nach zwei Jahren in einem Bett mit ihm immer noch Hals über Kopf in den Blondschopf verliebt
war. Mit allen Errungenschaften der modernen Pharma-Industrie zuzüglich der Hausmittel ihrer Großmutter versuchte sie nun die Dinge noch zum Besseren zu biegen, aber die Pillen, die sie in ihrer Verzweiflung mit Kräutertees hinunterspülte, linderten ihre Kopfschmerzen keineswegs, dafür aber überkam sie auch noch eine starke Übelkeit. Sie erbrach sich.
Fred saß am Bettrand. Seine Hand auf ihrer Stirn war Balsam, bewirkte mehr als alle Arzneien. Sie fühlte sich schläfrig und fügte sich in ihr Schicksal. Der Schlaf würde ihr gut tun. Aber warum sollte Fred nicht zur Party gehen. Er hatte sich doch so darauf gefreut.
Als sie ihm diesen Vorschlag machte, war er davon gar nicht begeistert. Er fragte sich, was er dort alleine anstellen sollte.
"Rede doch keinen Quatsch", ermunterte ihn Margaret, " es sind doch auch Robert und Angie dort, ganz von deinem Busenfreund Günter zu schweigen, und die meisten anderen dürften auch kaum Unbekannte für dich sein. Sie sind doch fast alle Kumpel aus dem Fitness Center."
Wegen Günter hatte sie ihre Bedenken. Er war ein Weiberheld und sie fürchtete seinen enthemmenden Einfluss auf Fred.
"Unsinn", Fred ist doch kein Teenager mehr", beruhigte sie sich.
Nach langem Hin und Her, ließ Fred sich schließlich davon überzeugen alleine loszuziehen.
Als er die Wohnung verließ war Margaret bereits eingedöst.
Sie erwachte ohne die geringste Spur von Kopfschmerzen. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es noch nicht zu spät war um auch auf der Party aufzukreuzen. Ob Fred sie wohl in ihrer Verkleidung als Bauchtänzerin erkannte? Sie beschloss das Kostüm mit einer Gesichtsmaske zu ergänzen.
"Mal sehen was mein Herzgeliebter so alles treibt, wenn er sich unbeobachtet glaubt."
Die Fete war voll im Schwung als sie dort ankam. Und schnell hatte sie ihren Superman ausgemacht. Er langweilte sich keinesfalls, tanzte mit allen Frauen und seine Hände schienen sich in Polypenarme zu verwandeln, sobald eine der verentkleideten Damen in seine Nähe kam.
Auf in den Kampf, Margaret. Sie gab sich einen Ruck und tänzelte hüftenschwingend an dem gerade an seinem Drink nippenden Superman vorbei. Der stellte flink sein Glas auf den Fenstersims, schnappte sie bei der Hand und zog sie wortlos auf die Tanzfläche.
"Mist, er hat mich erkannt ", meinte Margaret.
Auf keinen Fall. Superman hatte schon ausgiebig getrunken und hatte sich so sehr mit seiner Rolle identifiziert, dass er sogar seine Stimme verstellte.
Margaret ließ ihren Händen freien Lauf und ihre Aktion verfehlte die Wirkung nicht. Der Mann aus Krypton tanzte nur noch mit ihr. Als er sie küsste, zog sie ihn zur Toilette und verriegelte die Tür.
Sogar angetrunken hatte der Stählerne keine Schwierigkeiten sie ihrer Schleier und Tanga zu entledigen.
"Übung macht den Meister", dachte Margaret ernüchtert.
Deutlich mehr Probleme bereitete ihm das Unterteil seines eigenen Kostüms. Er zog es dann auch nur bis zu den Knien herunter.
Nach dem Orgasmus übermannte Margaret Bitterkeit. So ging das also. Gelegenheit und ein bisschen Alkohol und schon tauschte ihr Geliebter sie mit einer anderen, trat ihr Vertrauen mit den Füssen. Einen Augenblick dachte sie daran ihre Maske abzunehmen und ihn mit der Situation zu konfrontieren. Sie entschied sich dagegen. Bestimmt würde er behaupten, er hätte immer gewusst wer sie sei und er hatte nur mitgespielt, ganz im Sinne des Karnevals.
Sie zog es vor bei Gelegenheit mit einem anderen Mann zu tanzen und sich dann unbemerkt davonzustehlen.
Zuhause angekommen weinte sie sich in den Schlaf.
Bei Tagesanbruch erschien Fred. Er war nicht maskiert, stocknüchtern und mürrisch. Erschöpft warf er sich angekleidet aufs Bett.
"Kein Wunder," dachte Margaret.
"Na wie wars", fragte sie mit eisigem Lächeln.
Er fasste ihre Hände und presste sie an seine Lippen.
"Scheiße", sagte er. "Kaum war ich angekommen, als mich Herr Konrad anrief.
Emergency, das System der Vipbank war
zusammengebrochen. Die ganze Nacht habe ich daran rumgefummelt. Gottseidank haben wir die Sache vor 6 Uhr morgens wieder hingekriegt."
Margaret unterdrückte die Tränen.
"Verlogener Mistkerl", wollte sie schreien, aber stattdessen säuselte sie nach einer Weile:
"Armer Kerl, na ja besser so, was hättest du denn ohne mich getan".
Es würde nicht lange dauern bis er sich in seinen Lügen verhedderte und sich selbst entlarvte.
"Stimmt, mein Herzchen", sagte er und zog sie an sich.
Angeekelt wand sich Margaret aus seiner Umarmung. Fred schien dies nicht zu bemerken. Er drehte sich träge im Bett herum und sagte schläfrig:
"Aber du musst dir anhören was dem Günter passiert ist. Dem habe ich mein Superman Kostüm geliehen."
Eingereicht am 10. März 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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