Orange
Eine Kurzgeschichte von Christiane Weber
Ich gebe zu, es war auch meine Schuld. Vielleicht prallten Geiz und Sonderangebot unglücklicherweise an einem sonnigen Morgen aufeinander.
Ich schritt durch das Einkaufscenter und hielt plötzlich eine kleine blaue Packung in den Händen.
Strähnchen, individuell und schnell...der Preis lockte mich. Und schon lag der Verkaufsschlager in meinem Einkaufswagen.
Böse Zungen behaupteten, dass mein Haar bis zu diesem Tag aschgrau und langweilig anzusehen sei. Diesen Zustand wollte ich nun ändern.
Meine Freundin half mir an diesem Abend, unzählige Haare durch die Haube zu zwängen. Irgendwann saß ich nur in einem Unterhemd bekleidet wie ein Marsmännchen im Badezimmer. Chemische Zusätze wurden mit eigenartigem Pulver vermischt und auf die wartenden Strähnchen aufgetragen. Der Wecker klingelte nach einer dreiviertel Stunde intensiver Einwirkzeit. Aufgeregt zog ich die Haube vom Kopf, wusch meine Haare mit Kamilleshampoo und hielt es kaum aus, bis der Föhn endlich zur Seite gelegt worden war. Und dann sah
ich in den Spiegel.
Meine Haare waren orange.
Meine Freundin lachte, sprach von Pumuckel und verließ die Örtlichkeit. Ich ging in die Knie, konnte nur mühsam meine Tränen zurückhalten.
"Ich werde", so sagte ich verzweifelt, "nie wieder glücklich sein."
Alle Versuche des erneuten Waschens waren sinnlos. Ich vermisste meine aschgrauen Haare, legte zitternd ein Kopftuch um das Unglück. Am nächsten Tag meldete ich mich in der Firma krank, fuhr zu einem unbekannten Friseur, der den Schaden grinsend behandelte.
Erschöpft verließ ich den Salon, ließ mich in meinen Wagen fallen und weinte hemmungslos.