Problemchen mit Strähnchen

Regenwetter in Hamburg - das Haar hängt. Schlaff und dünn hängen mir Ponyhaare ins Gesicht. Ich muss etwas tun! Dauerwelle kommt nicht in Frage! Mein letzter Ausflug in die Löckchenwelt hatte mir das Aussehen einer krauslockigen Afro-Europäerin beschert - das muss ich nicht wieder haben! Also, wie wär's mit Strähnchen?

Für geschulte Friseure ein "Klacks" - denke ich - und gehe in den erstbesten Friseurladen. Ein freundliches junges Mädchen kommt lächelnd auf mich zu: "Was kann ich für Sie tun?"

"Ich möchte Strähnchen haben!"

"Hatten Sie einen Termin vereinbart?"

"Nein, das ist eine spontane Idee", entgegne ich.

"Oh, da muss ich mal schauen, ob wir einen Termin frei haben!"

Ich blicke mich erstaunt um, und stelle fest, dass außer mir nur noch eine weitere Angestellte aber keine Kunden im Laden sind und blicke mit Fragezeichen zurück. Aber das nette junge Mädchen lässt sich nicht irritieren. Sie blickt wichtig in ihren Terminplaner auf dem Tresen und geht dann zu ihrer Kollegin. Die beiden tuscheln miteinander und dann kommt die Kollegin freundlich lächelnd auf mich zu.

"Sie möchten Strähnchen haben?"

"Ja, wenn das möglich wäre?"

"Ich schau mal, ob wir sie mit einplanen können.... wann möchten Sie denn einen Termin haben?"

"Jetzt gleich, wenn's geht!"

"Oh, das könnte eng werden - aber gut, wir probieren es! Nehmen Sie schon mal Platz!"

Erleichtert, dass ich in diesem Salon gnädig aufgenommen werde und bald mit aufgesträhnten Haaren dem Hamburger Regen trotzen kann, setze ich mich an den Friseurtisch. Einmal Lätzchen um, einmal Haare waschen, dann kommt die große Frage: "Welche Farbe möchten Sie denn in ihrem Naturton haben?"

"Och, ein leichtes Rotbraun vielleicht? Oder ein etwas hellerer Ton!" überlege ich laut und bekomme auch schon eine Tabelle mit Haarsträhnchen gereicht. Ich entscheide mich für einen goldbraunen Ton, der gut zu meinem dunkelbraunen Haar passt.

Die Prozedur beginnt: Mit der Haube sehe ich aus, als würde ich bei der nächsten Olympiade in der Frauenmannschaft starten wollen. Nun kommt das junge Mädchen mit einer sehr feinen Häkelnadel, durchsticht die Haube und holt feine Haarsträhnen heraus. Ich bekomme Ähnlichkeit mit einer Außerirdischen und überlege, ob die Idee wirklich so gut war.....

Leicht versonnen schaue ich in den Spiegel und spüre plötzlich einen Stich am Hinterkopf. "Aua!", schreie ich und sehe den entsetzten Blick des Mädchens! Die starrt nur noch bewegungslos auf meinen Kopf, verdreht die Augen und sackt in sich zusammen.

Ihre Kollegin kommt herbeigeeilt und beugt sich über die Ohnmächtige: "Was haben Sie denn mit ihr gemacht?"

"Iich?", frage ich ungläubig zurück? "Gar nichts!"

Ich fühle mit meiner Hand an meinem Hinterkopf die schmerzende Stelle und merke, wie meine Finger feucht werden. Ich schaue auf die Hand und sehe "BLUT!" - Das unschuldige Wesen hat meine Kopfhaut durchstochen!

Die Kollegin eilt und holt ein feuchtes Tuch. Aber unser Sonnenschein wacht schon wieder auf: Etwas benommen schaut sie mich an und nuschelt: "En'schuldigung.... ich kann.... kein Blut sehen!"

Na, halb so wild - ich bin ja hart im Nehmen! Aber ob ich mir bei solchen Attacken jemals wieder Strähnchen von einer Fachfrau machen lasse - ich weiß es nicht....

Das gute Kind wird im Personalraum zur Besinnung eingelagert, die Kollegin übernimmt meine Kopfverletzung und bietet mir an, die Behandlung zu Ende zu führen. Ich nehme Abstand, lasse mir die Haube entfernen und ziehe es vor, mit langen Ponysträhnen weiter durch das Hamburger Regenwetter zu ziehen....