Abenteuer im Frisiersalon. Kurzgeschichten aus dem Internet. Edition www.online-roman.de  Dr. Ronald Henss Verlag, Saarbrücken.  160 Seiten 10 Euro ISBN 3-9809336-0-1
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Als Herr K. zum Coiffeur ging

Von Clemens Ottawa


Es war ein wunderschöner, heißer und sonniger Montagmorgen, als sich Herr K. dazu entschloss, seine üppige Haarpracht etwas kürzen zu lassen.
Er verließ seine Zweizimmerwohnung, im dritten Wiener Gemeindebezirk und schritt die Treppen hinunter. Dabei fluchte er einige Male, da der Fahrstuhl außer Betrieb stand und es Herr K. nicht gewohnt war, einen derartigen Weg zu Fuß gehen zu müssen.
Aus dem Wohnhaus heraus, bog er rechts ein und ging die kleine Seitengasse hinunter. Dort sah man schon das Schild "Coiffeur". K. öffnete die Türe des Ladens und fuhr sich noch einmal mit einer kurzen Bewegung durch das volle Haar.
Da kam ein alter, zitternder Mann hinter einem Vorhang hervor.
"Ja, bitte?!", wimmerte dieser.
"Ich würde gerne meine Haare schneiden lassen", deklarierte sich K., schon etwas skeptisch aussehend.
"Setzen!", meinte daraufhin der Alte, mit einem derart schroffen Ton, dass K. sich ängstlich in den vor ihm positionierten Stuhle niedersacken ließ.
Noch bevor K. überhaupt sagen konnte wie lange oder wie kurz er seine Haare haben wollte, hatte sich der alte Mann schon mit einer rostigen Schere daraufgestürzt.
"Hören Sie, was machen sie da eigentlich!", wollte K. wissen und blickte dabei auf die sich mehr und mehr häufende Haarpracht, die auf den Boden fiel.
"Ruhe!" Mit dieser Antwort war K. nun so überhaupt nicht zufrieden. Und er wollte gerade aufstehen und diesen seltsamen Friseurladen fluchtartig verlassen, als ihm ein stechender Schmerz durchzuckte.
"Was...", röchelte der Verwundete und erblickte die Schere, die nun voller Blut vom alten Mann auf den Tisch gelegt wurde.
"Sie sind doch ver...r...ückt...", schrie K. mit letzter Kraft. Dann sackte er vom Stuhl und wurde von einer riesigen Blutlache umgeben.
Der alte Mann, dessen Haar selbst schon äußerst spärlich war ging indes dazu über das ganze abgeschnittene Haar Ks. aufzusammeln.
Schließlich griff er sich eine Tube Leim und bestrich seinen Kopf. Abgeschlossen wurde die Aktion, nachdem er sich die Haare des toten Herrn K. auf den Schädel gepresst hatte.
Er sah nun fast zehn Jahre jünger aus und begann herzhaft zu lachen.




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Eingereicht am 20. April 2004.
Herzlichen Dank an den Autor / die Autorin.
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