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Die Sache mit dem Haar

Von Rudolf Arlanov


Ich habe mir die größte Mühe gegeben, was zu machen aus meinem Leben. Ich war schon immer etwas sonderbar, nicht reich beschenkt mit schönem Haar. Meine Mutter liebte ich abgöttisch. Sie hatte von allen das schönste Haar. Es war ihr unerklärlich, warum ich nicht so ein hübsches Kind war.
Elaine, meine erste Freundin, lernte ich noch in der Schule kennen, mit ihrer Hornbrille und der Zahnspange sah man alle Jungs vor ihr wegrennen. Nur ich blieb bei ihr, keine andere wollte was von mir. Ich hab dich lieb, sagte ich ihr. Das mochte sie sehr. Konnt' ja schlecht sagen, ich bleib wegen deinem Haar bei dir. Ihr gefiel, wie ich sie verwöhnte, wie wir uns liebten und wie laut sie stöhnte. Erregt war ich in Gedanken nur bei ihrem schönen Haar, wie ich es streichelte und als ob es mein eigen wär bewunderte. Pass auf dein Haar auf, sagte ich ihr immer, doch hören konnt' sie's bald nimmer. Anstelle, dass es besser wurde, wurd's noch schlimmer. Mein Haar, mein Haar, schrie sie verärgert! Was ist mit mir, liebst du mich denn nicht? Nein, dich lieb ich nicht. Dein Haar, Elaine, ist was ich mag, Tag für Tag, Nacht für Nacht, hat es mir viel Wonne gebracht. Das war dann auch der Grund, warum sie sich von mir trennen ließ. Keine gute Entscheidung von Elaine, der ersten, der ich die Kopfhaut abriss. Sie hatte sich heftig gewehrt, mir eine unbrauchbare Kopfhaut beschert. Ich schnitt ihr schnell den Kopf ab, sie schrie wie am Spieß, damit ich endlich meine Ruhe hab, als ich ihren Körper auseinanderriss. Schade um ihr schönes Haar. Ich vergrub ihre Körperteile vielerorts und stellte mich einfach dumm. Ich sprach mit niemandem ein Wort und kam davon mit dem Mord. Vermisst haben sie nur ihre Eltern, verständlich, gefunden wurde sie zum Glück nie.
Ich überdachte, was ich eigentlich brauchte, was mir zum Leben genügte. Nicht die Frau war's, die mich interessierte, weswegen ich mich erst spät wieder an einer Beziehung probierte.
Meine Leidenschaft wurde mein Hobby.
Einen Anfang für meine Sammlung sollte Victoria machen. Sie hatte langes, braunes Haar. Ich hatte dazu gelernt, sie zuerst getötet, dann ihre Kopfhaut entfernt. Ich hab leider zu spät gemerkt, ihre Haut war nicht gut. Sie war zu porös, viel zu viel ging sofort kaputt. Das Abziehen der Haut musste ich verfeinern, um endlich meine Kopfhautsammlung zu vergrößern. Meinen dritten Versuch erledigte ich schneller, beging beim Abziehen keinen Fehler. Hab sogleich ihr Haar an meinem Kopf angebracht, doch leider die falsche Größe nicht bedacht. Mist. Auch wenn mir das Haar nicht passte, so hatte ich endlich ein schönes Stück für meine Sammlung. Hauptsache lang sollte es sein, die Farbe war mir egal. Frauen mit kurzem Haar konnten mich alle mal. Opfer Nr. 4 wählte ich gewissenhafter, Form und Größe mussten passen. Doch beim Abziehen hielt ich plötzlich ne Perücke in der Hand, ich konnt's ja nicht wissen, dass sie ne beschissene Chemopatientin ist. Ich glaub, ich verlier noch komplett den Verstand.
Mit Laura, Freundin Nr.2, sollte mir das nicht passieren, wegen ihrem Haar ich nicht meine Kontrolle verlieren. Ich hatte gut vorgesorgt, dass ich sie nicht auch ermord. Ihre Lebensversicherung: Sie hatte ne scheiß Frisur, ich ließ sie am Leben dafür. Was sie an mir fand, ist leicht gesagt. Ich war der erste, der ihr hinter her gejagt. Meine unkomplizierte Art hatte es ihr angetan, so wurden wir zunächst ein Paar und dann nach mehr als einem Jahr, sie meine Frau und ich ihr Mann. Dann stand unser erstes gemeinsames Kind an. Ich war sehr aufgeregt. Ich wurde selbst Vater und fühlte mich zum ersten Mal nicht wie ein Versager. Wie sehr ich mich freute, als ich das kleine Wesen in meinen Händen hielt und der ganzen Welt mitteilte, dass meine Freude meiner Tochter Pia gilt .Zu meiner großen Überraschung, hatte meine Kleine weder mein Haupt noch das ihrer Mutter vererbt bekommen, ich war sowohl stolz, als auch neidisch, dafür hätte ich sie umbringen können.
Meine Sammlung vermehrte sich munter weiter. Es war ein Ventil zum Dampfablassen, meine Ehe fing zu kriseln an, ich fühlte mich mehr als Vater als Ehemann. Jedes Mal wenn ich Pia in Händen hielt, war's sehr schön und mir doch zu viel, zu sehen wie sich mit der Zeit ihre Haarespracht entwickelte, es mir oft unter den Fingern juckte und mir beim bloßen Gedanken die Kehle zudrückte.5 und 6 möchte ich am liebsten vergessen, außer dass es den Stress abbaute, ist nicht viel gewesen. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los war, nicht einmal das Wichtigste hat mir gefallen, ihr Haar.
Meiner Frau wurd's zuviel, sie ließ sich scheiden, dass mein Herz nur für Pia schlägt, konnte sie nicht begreifen. Sie wollte einen herzlichen Mann, der sie liebt, und nicht jemanden, der seine Wärme nur seiner Tochter gibt. Somit trennten wir uns - Laura und ich -, sie nahm Pia mit sich, ich bekam Besuchsrecht, das machte mich glücklich.
Nun lebe ich allein. Doch es macht mir nichts. Hab ja meine stetig wachsende Sammlung. Die reicht mir. Oft steh ich mit meinem gesammelten Frauenhaar vor dem Spiegel und streiche sanft mit meinen Fingern darüber, träume und lache, eine Übermacht an erregenden Gefühlen überkommt mich. Ja, so fühlt sich das Paradies an. Ich geh nun mit Bedacht und Vorsicht an die Sache ran, welche Kopfhaut ich zu meiner Sammlung noch einbringen kann. Ist mein kleines, feines Hobby und übertreiben werd ich's hoffentlich nie. Nicht die Quantität ist's, die zählt, sondern die Qualität, die beseelt. Und sollte mal ein Haar ausgefilzt sein, so geh ich los, besorge ein neues und mach's in meine Sammlung rein. Andere sammeln Brüste, Hände, Füße, ich liebe Haare über alles. Was ist schon dabei? Wenn ich tot bin, ist's eh vorbei.
Neulich habe ich meine Kleine besucht, meine Ex hat mich beschimpft und geflucht, warum ich meiner Tochter nichts Vernünftigeres schenken kann, statt Shampoo und Lotion, Creme und 'nen Kamm. Ihr Glück, dass mir ihr Haar nicht gefällt, ich hätte es ihr längst abgeschält. Hab mich ins Haar meiner Kleinen verliebt, ob sie irgendwann ihrem Papa was davon abgibt? Ich kann nichts dafür, so bin ich nun mal. Nennt es Schicksal oder Zufall, aber ein anderes Leben wäre für mich eine Qual. Nun denn, genug der Worte, gehabt euch wohl, vielleicht lern ich euch ja kennen, wenn ich eines Tages euer Haar hol.



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