Die ungelogene Wahrheit über Frisierläden
Eine Kurzgeschichte von Katharina Stielow
Ich will nicht gerade die aufgetakelste Tusse mit zwei Haarspraydosen im Haar sein, aber das heißt ja nicht, dass ich herumlaufen muss wie ein Pudel, der soeben einen Elektroschock hinter sich hat. Also wenn ich nicht wieder eine "nette" Freundin bitten möchte, mir die Haare zu schneiden, womit ich allerdings ganz böse Erfahrungen gemacht habe, dann hilft wohl alles nichts... Denn schlechte Erfahrungen bedeutet nicht, dass sie sich einmal verschnitten hat, nein, darüber könnte ich großzügig hinweg sehen.
Aber wenn man es schafft etwas zu konstruieren was schlimmer als ein Vokuhila-Schnitt ist, sagt das doch schon einiges, oder?
Ich denke ja nichts Schlechtes über Friseure, zum Beispiel käme mir nie in den Sinn, dass sie die übelsten, penetrantesten Transvestit-Künstler sind oder alle Friseusen... Pardon! Friseurinnen die letzten Tratschtanten sind, die die Memoiren sämtlicher Kunden schreiben könnten... Nein, da dürfen Sie mich bitte nicht falsch verstehen, ich weiß schon, dass Kunden, die sich einmal die Woche die Haare schneiden lassen, obwohl sie fast keine mehr auf dem Kopf haben, nur um zu erfahren, warum Irma über Hannelore gelästert
hat, oft viel schlimmer sein können.
Aber es hilft ja alles nichts..., zumindest das Waschen-, Schneiden-, Legen- Standardprogramm muss wohl drin sein... Ich verstehe auch, dass es nur zuvorkommend ist zu fragen, ob es zu heiß, zu kalt oder genau richtig ist. Aber eigentlich habe ich immer angenommen, dass jeder Mensch wenigstens einen groben Spürsinn dafür hat, ob man jemanden verglüht oder ihm Frostbeulen verpasst.
Na ja, aber ein Kaffee kann ja nie schaden und man kann es sich etwas bequem machen und einfach mal relaxen..., aber eine Zeitschrift? Nein danke, ich glaube, ich habe nicht viel Interesse daran zu erfahren, wann Caroline von Monaco ihren - ach so geliebten - Freund verlassen hat oder wann die neuste Super-Diät-Pille auf den Markt kommen soll... tja und das Blättern in den Frisurenkatalogen ist wohl auch reine Zeitverschwendung..., denn jeder weiß wohl, dass diese Frisuren nur maximal bis zur Haustür halten und
man sie ohnehin niemals alleine wieder so hinbekommen würde.
Wenn es um die Frage geht, was einem steht und was nicht und ob man mal wieder etwas Neues ausprobieren sollte, ist man selbst wohl fast so gut wie machtlos..., denn diesen Argumentations-, Hand-Gefuchtel- und Demonstrationskrieg anzufangen, um ihn am Ende wahrscheinlich zu verlieren, ist wohl auch eher sinnlos.
Am Schlimmsten aber, ist diese Folter, andauernd mit Fragen bombardiert zu werden und, ob man will oder nicht, ein Gespräch aufgezwungen zu bekommen. Denn sich dagegen wehren? Das ist aussichtslos, und wenn Sie mich fragen, so kenne ich niemanden, der es geschafft hat.
Aber worüber, bitte, soll man sich auch mit einer fremden Person unterhalten?... Okay, ein paar Minuten laufen diese oberflächlichen Gespräche gut, aber dann...? Denn sich einfach nur anzuschweigen ist in diesen "Läden" wohl von vornherein ausgeschlossen.
Gut, es gibt die Möglichkeit sich an aktuelle Themen zu klammern, aber das schließt meistens mit ein seine eigene Meinung kund zu tun... und dies kann gefährlich werden, weil jede Unachtsamkeit dazu führen könnte, plötzlich in gemeinen Fangfragen zu stecken, die sich lautlos des Privatlebens bemächtigen.
Da ich es mir aber vorher mit der Tasse Kaffee gemütlich gemacht habe und arglos vor mich hinträume, werde ich letztendlich genau auf Grund dieser Unachtsamkeit auf skrupellose Weise in diesen teuflischen Bann geraten und alles von mir preisgeben.
Denn freiwillig würde ich das garantiert niemals machen...
Eingereicht am 14. Oktober 2003.
Herzlichen Dank an die Autorin.
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