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In den Canyons der ewigen Feuerkraft

Von Britta Dubber


Der Himmel hatte sich violett gefärbt, als Kalisha durch die Canyons der ewigen Feuerkraft ritt. Schon von weitem sah sie das kleine Lagerfeuer an einem Felsvorsprung.
Sie band das Pferd an einen Olivenbaum, zog ihren langen Rock zurecht und ging dann zu der kleinen Gruppe , die sich am Feuer versammelt hatte, Weinkelche in der Hand hielt und Brot röstete.
"Wenn die Nacht hereinbricht, müssen wir angreifen...", hörte sie ihren Bruder Kalob sagen.
"Taktisch wäre es klüger bis morgen früh zu warten", meldete sich Jassob, der Schmied zu Wort.
Kalisha nahm sich ein Stück geröstetes Brot aus der Schale, die auf einem Baumstamm lag und setzte sich auf den kalten Boden. Aus Männergesprächen hielt sie sich grundsätzlich raus, auch wenn sie Jassob insgeheim recht gab.
Während ihr Bruder mit dem Schmied und zwei Stallburschen, die sich dem Vorhaben angeschlossen hatten, über die bessere Taktik diskutierte, starrte Kalisha in den Himmel.
Die violette Himmelsfärbung war eine Nuance dunkler geworden und deckte sich am Rande des Horizonts mit einem karminroten Schimmer.
Dies war die schönste Zeit am ganzen Tage, ging es ihr durch den Kopf. Wenn die Männer nur nicht immer Kämpfe und Kriege im Kopf hätten, hätte sie vielleicht schon längst mit Jassob glücklich werden können.
Verträumt betrachtete sie ihn. Sein Gesicht war markant und gleichzeitig wirkte es im schwachen Tageslicht so zerbrechlich wie eine Porzellanvase. Seine dunklen Augen drückten Mut und Entschlossenheit aus. Seine breiten Schultern, schienen die ganze Last der Welt tragen zu können.
"Was ist mit dir?", riss Kalob sie aus ihren Gedanken.
Verschämt wandte Kalisha den Blick ab. Ihr Bruder hegte schon lange den Verdacht, das ihr mehr an Jassob lag, doch sie hatte stets abgestritten, mehr für ihn zu empfinden als reine Freundschaft.
"Nichts", sagte sie. "Wie geht es jetzt weiter?"
Kalob kniete sich zu ihr, nahm ihre Hand und blickte ihr lange ins Gesicht.
Dann sagte er: "Wir schleichen uns heute Nacht ins Dorf und holen uns zurück, was uns gehört."
Damit meinte er den goldenen Krug, der ihm zwei Tage zuvor gestohlen worden war.
Ein Familienerbstück. Das Einzige was Kalisha und Kalob geblieben war, als Andenken ihrer Eltern, die beim Krieg umgekommen waren.
"Du bleibst hier und passt auf, dass das Feuer nicht ausgeht."
Kalisha nickte.
Zwei Stunden später machten sich Kalob, Jassob und die Stallburschen auf ins Dorf. Kalisha wickelte sich in eine Decke und setzte sich mit einem Krug Wein nahe ans Feuer. Leichter Wind war aufgekommen und sie fröstelte etwas.
Als die Wirkung des Weines einsetzte, fühlte sie sich wohlig warm und geborgen. Sie schloss die Augen und kurze Zeit später war sie eingeschlafen.
Sie wachte wieder auf, als das Feuer fast ausgegangen war. Schnell sprang sie auf, holte ein paar Holzscheite, die unweit de Lagers lagen und warf sie in die glühenden Kohlen. Durch den Wind entfachte sich das Feuer schnell von neuem.
"Glück gehabt", sagte sie laut, wickelte sich erneut in die Decke ein und begann eine Melodie zu summen.
"Drei Wünsche. Wenn Ihr drei Wünsche frei hättet, wie würden diese aussehen?"
Ruckartig drehte Kalisha den Kopf zur Seite und traute ihren Augen kaum.
Neben ihr saß eine Frau mit langen schwarzen Haaren und eisblauen Augen. Sie hatte tiefe Wangenknochen und ein spitzes Kinn. Irgendetwas an ihr, ließ Kalisha erschauern.
Wo war diese Fremde so schnell herkommen? Sie schien aus dem Nichts gekommen zu sein.
"Ich... ich weiß nicht...", stammelte sie. "Frieden auf Erden, Wohlstand und Gesundheit für mich und meinen Bruder vielleicht."
Die Fremde zog ihre Stirn in Falten und lächelte verschwörerisch.
"Und was würdet Ihr dafür tun?", fragte sie in einem Singsang.
"Nun... wie meint Ihr das?"
Die Frau starrte sie einfach nur an, wobei ihre Augen funkelten und ihr Lächeln festgefroren zu sein schien. Kalisha lief ein Schauer über den Rücken.
"Wenn ich Euch sage, dass Euer Bruder und seine Gefolgsleute in meiner Obhut sind...nunja...Was gebt Ihr mir, um Eure drei Wünsche erfüllt zu bekommen?"
Kalisha schnellte hoch und griff nach dem Messer, welches Kalob ihr dagelassen hatte.
"Das ist nicht wahr! Wer seid Ihr? Sprecht!" schrie Kalisha und stellte sich in drohender Pose vor die Fremde, den Griff des Messers mit der rechten Hand fest umschlossen.
Diese lachte nur höhnisch mit ihrer rauen Stimme, machte eine kurze Handbewegung und in Null-Komma-Nichts flog das Messer in hohem Bogen davon.
Kalisha blieb der Mund offen stehen; sie starrte in ihre nunmehr leere Handfläche.
"Eine Hexe. Ihr seid eine Hexe! Sagt, was wollt Ihr?"
Die Fremde stand nun ebenfalls auf und stellte sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor Kalisha.
"Euer Aussehen. Tauscht mit mir das Aussehen und Eure drei Wünsche werden erfüllt", sagte sie und lächelte, dieses Mal honigsüß.
"Wenn nicht", fuhr sie fort, "werden Euer Bruder und seine Leute im Dorf gehängt werden."
"Warum sollte ich Euch glauben?"
"Wartet bis morgen früh, aber dann wird es zu spät sein. Sie werden nicht zurückkommen. Man hat sie im Dorf erwischt, wie sie einen Krug stehlen wollten. Ich alleine kann sie durch meine Zauberkraft befreien. Es liegt in Eurer Hand."
Kalisha blickte die Hexe lange Zeit in ihre kalten, funkelnden Augen. Nach langer Pause sagte sie:
"Ihr wollt mein Aussehen und ich soll Eures bekommen? Warum könnt ihr Euch nicht einfach ein anderes Gesicht zaubern, wenn Ihr eine Veränderung wollt?"
"Weil ich mir nur ein Gesicht hexen kann, welches es auf dieser Welt nicht gibt. Nur ein Gesicht, das noch keiner hat. Ich aber möchte Euer Gesicht. Ihr seid eine wahre Schönheit."
Kalisha fuhr sich mit der Hand durch ihre langen blonden Locken. Sie blickte zum sternenklaren Himmel, als ob dort die Antwort stünde, auf die Frage, die sie nun quälte. Was sollte sie tun?
"Einverstanden", sagte sie schließlich. Kaum hörbar.
Sie schloss die Augen.
Im nächsten Moment war sie alleine, saß wieder in die Decke gewickelt am Lagerfeuer.
Ein Traum, es war nur ein Traum, dachte sie erleichtert und atmete hörbar ein.
Dann hörte sie das Hufgeklapper und leises Stimmengewirr.
Sie waren zurück. Erleichtert stand Kalisha auf, um die Heimkehrer zu begrüßen. Lächelnd ging sie auf ihren Bruder zu, als dieser gerade vom Pferd stieg.
In der Hand hielt er den goldenen Krug. Aber sie sah noch mehr. Der Krug war gefüllt mit Edelsteinen und Goldmünzen, ebenso seine Manteltaschen, aus denen Goldarmbänder und Perlenketten herausragten.
"Wer seid Ihr? Was macht Ihr hier?", fragte Kalob und griff nach seinem Schwert.



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