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Kurzgeschichte

Maximilian

© Danny N.


" Wie geht's dir? " fragte mich mein Freund.
" Gut, ich freue mich " erwiderte ich, während Max mir den Kofferraum seines Ford Fiesta aufmachte
" Bissle aufgeregt? " fuhr er fort
" Schon " antwortete ich in der Begleitung eines besorgten Seufzers.
Und wir fuhren in Richtung Flughafen, es war 7h 22. Ich sagte ihm, er solle sich Zeit lassen, was Max auch tat, dafür aber drehte er das Radio doppelt so laut wie vorher. Ein herrlicher Sonntag Ende März war es, die Sonne strahlte schon aus jeder Ecke, eine gewisse Spannung vor dem Wettblühen der Natur konnte man spüren, und auch die Tönen meiner Mitmenschen unter einander waren in den letzten Wochen deutlich angenehmer geworden. Wir unterhielten uns wie sooft vertraulich über die zurückliegenden Tagen, über die Bevorstehenden, und auch über die nachdem Bevorstehenden sicherlich kommenden Zeiten, in der wir ein Zeichen setzen wollten. Rechts neben uns erstreckte sich eine gewaltige Baustelle, die gerade dabei war, Gestalt in Form der neuen Stuttgarter Messe anzunehmen, links dagegen ragte eine sechs Meter hohe Mauer und verdeckte somit die Sicht auf die Landebahn, als wir kurz vor dem Flughafen waren.
" Terminal 2 " erwähnte ich und sah, wie konzentriert, wie aufmerksam Max das Fahrzeug durch das enge Parkhaus fuhr. Ich musste zugeben, dass ich mich mit ein paar Anderen (wir kannten uns alle unter einander) oft über seinen Fahrstil, der irgendwie meditativ und komprimiert rüber kam, lustig gemacht hatte, denn uns war es nicht gerade unwichtig, auch, oder gar vor allem beim Autofahren einen guten Eindruck zu machen. Als wir Beide dann aus dem Wagen ausstiegen, sprach ich ihn noch mal darauf an " Arschloch! " antwortete er mir schmunzelnd.
Den Griff des riesigen Koffers festhaltend, Max kümmerte sich um den Kleineren, blickte ich auf den Schalter, mir blieben noch gut eine Stunde Zeit. Auch nachdem ich all meiner Gepäcke abgegeben hatte, sie wogen immerhin knapp dreißig Kilogramm, reichte es noch für eine Tasse Kaffee in einer Bar, die über dem Personal Check In sich befand. Nun saßen wir da, wie unzählige Male davor, sowohl über den Köpfen der meisten Passanten, in diesem Fall waren es Passagieren, als auch mitten unter ihnen. Schweigend ließ ich meine Blicke an der Drehtür, an der Informationstheke, an der nicht enden wollenden Schlange an der Koffer Check In, an jeder Frau im Anzug oder Uniform, ich mochte diesen Look schon immer, schweifen, und schließlich an der Dachkonstruktion mit ihren grauen Rohr-segmenten, wo auch meine Aufmerksamkeit ihr erlösendes Ziel fand. Dicke Stahlrohre verzweigten sich in durchaus schwindeliger Höhe, und dieses komplexe Netz war in einem fürchterlichen Grau umhüllt. Einen kurzen Moment lang hatte ich an Pulverbeschichten gedacht, im Anblick der glatten Oberflächen, vergewisserte ich mich im Nachhinein aber wieder in der Überlegung, dass es kaum möglich sein könnte, eine so schwere und lange Stange zu beschichten. Schnell war dieser Gedankensprung vergessen, ohne dass meine Begeisterung und Faszination für Architektur und Messebau dabei an ihrer Loyalität einbüßen müssten, es war ja nur die Farbe, die mich gestört hatte, sonst nichts.
Trotzdem, wie gesagt, ruhte meine Faszination für Hallenbau, Brückenbau, Schiffbau, Tunelbau, kurzum, sowohl das Planen, als auch die Durchführung konstruktiver Ingenieurarbeit, wobei Minuziöse und Filigrane ausgeschlossen sind, vielleicht liegt es an meinem Grobmotorik, auf einer gewissen unabänderlichen Neutralität. Ich konnte mir schon immer vorstellen, in Jeder dieser Branche tätig zu sein, und mein kleines, aber nicht minder hilfreiches Glück war die Bekanntschaft mit Max seinem Bruder, der sein Architekturstudium mit Auszeichnung beendet hatte. Daraufhin fragte ich auch Max, nachdem der Gedanke mit Pulverbeschichtung weggeblasen war, wie er die Dachkonstruktion fand. Und er gab mir eine schlichte Antwort " er werde, wenn er es dürfte, nichts daran ändern, sie sei schon einwandfrei "
Wieder ertönte die Aussage " your Atttention please…", wieder kamen eine Truppe jungen Stewardessen, wieder gingen zwei penetrante Polizisten an unserem Tisch vorbei, als ich die Tasse leerte. Es war nun Zeit, mich von Max zu verabschieden, Zeit, mich auf den Weg zu machen. Ich tat es irgendwie routiniert, als flöge ich des Öfteren, und war wenig später schon in den Warteraum vorgedrungen. Mir wurde warm, also zog ich meinen Sakko aus und setzte mich hin. Während vor und neben meiner Person fremde Passanten ab und auf gingen, es waren ruhige, und vor allem gemütliche Gänge, dröhnte hinter meinem Rücken ungeduldig die Maschine. Zwei junge Mädchen kamen auf mich zu, mein Blick begegnete nur den der Eine, die gleich darauf sich links neben mir hinsetzte. während ihrer Freundin, davon ging ich mal aus, vor ihr stand, lachte und redete. Aber auch bis dahin trafen sich unsere Blicke nicht. Sie trug eine eng anliegende Jeans und ein ebenso eng anliegendes weißes Jackett, in ihrer Hand hielt sie das Ticket, das dem Meinigen ähnelte. Ich versuchte irgendetwas daraus abzulesen, und als es mir dann endlich gelang das Wort " Frankfurt " zu entziffern und ich gleich darauf meinen Kopf ganz leicht hochhob, sahen wir uns. Sie hatte schöne, große Augen, aber schmale Lippen, die beim Lachen kaum noch zu erkennen waren, eine kleine Nase, gar ein Grübchen auf der linken Backe, etwas strenge Zügen, im Großen und Ganzem aber ein wohlgeformtes Gesicht, umrahmt von der Frisur einer Mannequin. Irgendwie missfiel sie mir bei diesem Blickaustausch, das, was ich bei ihrer Freundin, ich ging wieder mal davon aus dass die Zwei Freundinnen waren, nicht behaupten konnte. Denn sie lachte, gestikulierte mit Händen und Schultern, bebte förmlich beim Kichern mit ihrem ganzen Körper, und dies entsprach meinem eigenen Naturell. Während ich mir noch Gedanke darüber machte, wie der Flug, wenn ich neben dem Beiden sitzen sollte, sein könnte, stellten sich die ersten Passagiere schon artig am Bordeingang an, und wurden kurze Zeit später auch herein gelassen. Als dann etwa die Hälfte der vorhandenen Wartenden an der Schlange stand, hob ich mich und stellte ebenfalls mich hinter einer dicken Frau mit einem knall roten Rock. Was aus den zwei Mädchen geworden war, weiß ich bis heute nicht, denn mein Sitzplatz befand sich kaum fünfzehn Meter von Cockpit entfernt, und das einzige Mal wo ich mich umgedreht hatte, bekam ich sie nur von der Seite zusehen. Als ich mich dann in den Sitz fallen ließ, war dieser kurze Gedanke im Warteraum endlich geplatzt.
- Fliegen ist etwas Schönes, aber nicht Vollkommenschönes, besann ich mich damals, als ich den Flug in drei Phasen teilte. Die erste Phase ist der Start, der ist berauschend, mitreißend und bodenlos, denn nicht nur der Schub, der mir stets das Gefühl gibt, als säße ich in einem Porsche Carrera 4S verschluckt mir die Worte, sondern auch, oder vor allem der Aufstieg, das Emporkommen, die wortwörtliche Bodenlosigkeit geben meine Person einen unverwechselbaren Geschmack auf das Eigentliche. Insbesondere aber spüren die Jenige beim Start die größte Freude, die nicht oft die Gelegenheit zu fliegen haben und die ohnehin für einen Bruchteil ihres Lebens dem Boden, der stets vorhandene Schwere entfliehen möchte.
Die zweite Phase ist der Flug selbst, gegönnt sei es meiner Person, die einen Fensterplatz ergattert hat. Denn der Anblick nach Außen versetzt mich stets beim Tageslicht in meine Kindheit zurück, und nahm Abend mich unmerklich in ihre schlummernde Dunkelheit. Am meisten aber mag ich die Turbulenzen, in denen ich mich frei und auf unerklärliche Weise beflügelt fühle.
Die dritte Phase ist natürlich die Landung, die mich aus meinem Zuflucht verweist und damit wieder den Boden, den niedrigen Boden mir unter die Füße schiebt.
Als die erste Phase ihr Ende nahm und die Zweite immer näher rückte, machten sich einige Stewardessen an die Trolleys. Kurze zeit später schoben in zwei Reihen vier Stewardessen Diese durch die Gänge, ich wollte wie immer Wasser.
Ich wollte, hatte mich im letzten Moment aber für einen Rotwein entschieden, und mein Nachbar, ein junger Araber staunte nicht schlecht. Der Wein jedoch schmeckte schrecklich
Er schmeckte werde wie ein Cabernet Sauvignon, der nach einem Cabernet Sauvignon schmecken sollte, noch wie ein guter Pinot Noir, der eigentlich hätte wie ein Pinot Noir schmecken müssen. - Vielleicht liegt es daran, dass wie uns gut 10000 Tausend Meter über dem Meeresspiegel befinden, tröste ich mich selbst, und begnügte mich mit Diesem.
Beim vierten oder fünften Ansetzen des Glases stieg langsam das ersehnte Bukett in meine Nase, es erinnerte mich aber weder an Blumen, noch an irgendwelche Früchte, auch nicht an Holz oder Allerlei Gewürze, sondern an einen Sommerabend mitten auf dem Weinfest.
Gegen Nachmittag rief mich Max an und fragte, ob ich schon Was vorhatte. Es war ein trüber, regnerischer Tag. Er sagte mir, in der Stadt finde das Weinfest statt und lud mich zu ihm, nachdem ich von der Nachricht völlig überrascht war und mit > Nein < beantwortete. Ich packte meine Sachen, nahm wie immer meine grüne Tasche mit, holte in einem Suppe-markt mir noch einen chilenischen Casillero del Diablo Sauvignon Jahrgang 2003 und fuhr anschließend mit Behagen zu meinem Freund. Ich saß noch eine knappe Stunde da, bis Max fertig war und es endlich losging. Da wir uns für die S-Bahn entschieden hatten, nahm Max noch eine Roseflasche, eine gewisse " 2003 Western Cape " von Willow Tree mit, die wir während der Fahrt noch leeren sollten. Nun, die Nachricht vom Fest hatte mich ziemlich überrascht, erstens, weil ich es erst einige Wochen später erwartet hatte, und zweitens, weil Max eigentlich hätte arbeiten müssen, denn sein Arbeitgeber, ein Gourmet-restaurant war zur diesen Zeit auf Promotionstour, unter Anderem auf diesem Stuttgarter Weinfest. Wie auch immer, er hatte an jenem Tag frei und unserem zweiten Besuch stand nichts mehr im Wege. Es dauerte eine gute halbe Stunde eher wir in der Stadt waren, und in dieser Zeit hatten wir uns ausgiebig den " Western Cape " eingeschenkt. Er war für uns weniger ein Genuss, vielmehr ein Stimmungsbringer gewesen. Als wir dann endlich dort angekommen waren, konnte man die Heiterkeit geradezu von unserem Gesichte ablesen. Der " Chilenen " noch in der Tasche liegend schlenderten wir durch die Gegen, drängelten uns ab und an in das Gewimmel, verließen es aber auch gleich, und drehten munter unsere Runden weiter. Es fing wieder an zu nieseln als Max mir sagte, er wolle am Stand seines Chefs vorbeischauen um uns eventuell zwei Gläser zu besorgen. Und tatsächlich gab ihm ein Mitarbeiter freundlich, ohne irgendeine Frage gestellt zu haben zwei Tulpenförmige, und wir zogen weiter. Mit den schwenkenden Gläser und der Flasche, wobei das Etikett einwenig verdeckt, in der Hand haltend stolzierten wir durch die Menge
Du, lieber Leser, ich möchte dich an dieser Stelle unterbrechen, weil ich dir sagen muss, dass ich hier keineswegs übertreibe. Wir stolzierten tatsächlich an jenem nassen Abend vom Staatstheater am Landstag vorbei bis zum neuen schloss. Denn nicht Jeder hatte wie wir zwei ein gut gefülltes Glas, eine ganze Flasche, es musste ja Keiner erfahren, dass die Keins von den teuren Bouteillen war, und ein vollkommenzufriedener Gang.
Mittelweiler tropfte es wie aus allen Güssen, sodass die meisten Besucher sich irgendwo Unterschlüpf suchten, auch wir zwei. In dieser Getümmel und Getöse, wo man kaum einen Satz klar und deutlich zu Ende erlauschen konnte, erklang plötzlich hinter mir eine Frauen-stimme
" Hi Max! "
Eine wohlgeformte, kleine Frau, sie war vielleicht 1.60m, Ende zwanzig, mit schwarzen Locken und rosigen Backen lächelte uns an. In der linken Hand hielt sie ebenso ein Glas Rotwein. Sophien? Blitzte es kurz in mir, ja, es musste Sophien sein!
Nachdem wir drei uns begrüßt und befragt hatten, zog ich mich kaum merklich dezent zurück und beobachtete die Beiden. Sophien, die Frau, von der Max oft redete, von der wir oft geredet hatten. Es lag schon ein Jahr zurück, als wir uns das erste Mal begegneten, und ausgerechnet auf dem Weinfest. Sie stand an jenem Abend mit drei weiteren Freundinnen am Brunnenrand unweit vom Staatstheater, aufgefallen war sie mir mit ihrem gestreiften dunklen Anzug, sie kam direkt von der Arbeit, sagte sie uns im Laufe unseres Gespräches, und hatte einen apathischen Gesichtsausdruck gehabt. Noch während ich Max auf sie aufmerksam machte, gingen die Frauen der schimmernden Wellen entgegen und setzten sich in einer Reihe auf die Treppe. Wir beide folgten ihnen
Eine Weile saßen wir neben der Vier, redeten und lachten absichtlich lauter als wir es sonst zu tun pflegten, und hatten damit Erfolg. Auch wenn ihre Freundinnen zuweilen genervt zu uns zwei rüber blickten, gewannen wir die Aufmerksamkeit Sophiens, denn sie entgegnete uns immer wieder wohlwollend mit einem schüchternen Lächeln, obwohl sie damit allein dastand. Max hob das Glas, es war genauer gesagt ein Plastikbecher, und wir stießen das erste Mal zusammen, auch die restliche Frauen. Wir hatten uns an jenem schwülwarmen, sternklaren Abend wirklich viel Mühe gegeben, nicht nur bei der körperlichen Darstellung eines schwulen Witzes, sondern vor allem in der Überlegung, die stets prägnantesten Äußerungen zu treffen.
Max war damals 27, ein gutes halbes Dutzend mehr als ich. Vielleicht war das der einzige Grund, warum ich mich nicht an Sophien rangemacht hatte. Wenn ich aber heute zurückschaue, schäme ich mich einwenig für mein egoistisches Verhalten, nicht mal dem besten Freund etwas Wunderschönes zu gönnen. Was auch immer. Wir begleiteten die Frauen noch zu ihren Autos, Max verabschiedete sich mit Sophien, und wir zogen weiter auf " Frauenjagd "
Ich füllte mein Glas auf, schob mich kaum merklich zur Seite damit ich ihre Züge mit dem in meiner Erinnerung Erhaltenen vereinen konnte. Es stürmte in der Zwischenzeit.
Ich war mir nicht sicher gewesen, ob ihr Äußeres sich verändert hatte, zumal ich des Öfteren zu den vergänglichen Naturellen gehörte, und außerdem sah ich sie an jenem Abend auch erst zum zweiten Mal. Zum Glück, konnte ich nur sagen, hatte Max mir im Laufe unserer Freundschaft so ziemlich Alles vertraut, unter Anderem über diese Frau. Auch wenn ich in seiner Erzählungen und Gesprächen meine Gedanken immer wieder abschweifen ließ, als lese ich gerade ein triviales Buch, nahm in mir der Name Sophien eine liebliche, anziehende Gestalt an, die nun lebendig und schön vor mir stand
Erneut beobachtete ich die Beiden, erst Sophien, wie sie häufig etwas verlegen nach unten schaute, um gleich darauf ihn mit einem sanftmütigen Blick zu begegnen, dann Max mit seiner verschlossenen Art die Stirn zu runzeln
Zwei Wochen nach dem Weinfest trafen sie sich in einer Bar, hatte Max mir mal erzählt, und saßen sich 4 Stunden lang Auge im Auge gegenüber. Bei diesem Date erfuhr er, dass sie selbständige Grafikdesignerin war und nebenbei noch ein Fotoatelier besaß. Auch Max erzählte ihr von seinem anstrebenden Ziel, seine Weiterbildung als Koch zu beenden, worauf sie gleich von der Möglichkeit, bei ihr zu kochen sprach. Es war natürlich eine Ausrutsche ihrerseits, aber er ignorierte diese, denn sie strahlte aus irgendeinem Grund ungeheure Sympathie auf seine Person aus. Schon bei diesem ersten Rendezvous, so erzählte Max weiter, hatte er das Gefühl, sich mit ihr auf einer gleichen Wellenlänge zu befinden, sie vollkommen verstehen zu können.
Die Zeit verging mit raschen Flügeln, ich versuchte das Beste aus meinem Leben als ein glückloser Casanova zu machen, doch mehr als ein paar kaum nennenswerte Bekannt-schaften gab es für mich nicht zu berichten. Eines Abends, als die letzten Schneeflocken die Landschaft mit einem weißen Film verdeckte, rief ich Max an und fuhr kurze Zeit später zu ihm.
" Und, wie geht es deiner Freundin? " fragte ich einwenig neidisch
Ganz leicht hob er den Mundwinkel und erwiderte
" Du, ich habe doch keine Freundin! "
Verständnislos, gar einwenig verarscht gefühlt, starrte ich ihn an
" Wie du hast keine Freundin, was ist mit Sophien? "
Er schüttelte den Kopf und sagte, was mit ihr sein solle, sie waren nie richtig zusammen
Bei dieser unerhofften Nachricht musste ich mich erst einmal hinsetzen. Als es dann soweit war, dass ich halbwegs bequem und entspannt auf dem Sessel saß, fuhr ich langsam fort. Ich fragte ihn unter Anderem, warum er mir dann die ganze Zeit über nichts erzählt hatte, er müsse doch wissen, dass ich aus Diskretion, da ich Sophien ebenso gern bei meiner Seite wünschte, nicht danach fragen konnte. Max lächelte nur kühl und versuchte, ich wurde einwenig aufgeregter, mich zu beruhigen.
In seinem Zimmer brannte oft nur fahles Licht, darunter sah Max irgendwie älter aus als am Tag, manchmal, wenn er unzufrieden war und sowohl das Gesicht verzehrte, als auch die Stirn runzelte, dann kam er mir schrecklich uralt vor, so auch an jenem Märzabend. Sacht lehnte er sich gegen den Stuhl, holte ein letztes Mal tief Luft, ließ einen finsteren Blick an mir schweifen und gab folgende Deklaration.
" Nun ja, es ist auch schon mehr als ein halbes Jahr vergangen seit ich mich mit ihr das erste Mal getroffen hatte, ich glaube, es war an einem Donnerstag. Wir waren in Mauritius-Bar und hatten Cocktails getrunken. Ich einen Swimmingpool und ein Long Island, sie Mojito und … glaube ich, auch Long Island. Und im Laufe des Abends, wir kamen so gegen 19h und waren kurz nach 23h gegangen, wurden wir immer offener, lachten und scherzten frei vom Bauch heraus, ich hatte da gar nicht darauf geachtet, ob ich nicht irgendetwas Falsches oder mich daneben benommen haben könnte, wir waren einfach ziemlich gesprächig. Vielleicht lag wes an den Cocktails, vielleicht, was ich eher nicht glaube, du kennst mich ja, Max schaute mich forschend an, ich kann schon was vertragen. Auf jeden Fall hatten wir bis zum Schluss, bis auf den Rückweg herumgealbert, gelacht und uns bis zum nächsten Mal verabredet. Beim zweiten Mal war es genauso, beim Dritten auch, nur dass ich sie inzwischen nach Hause gefahren hatte. Das vierte Mal fand bei ihr statt, sie hatte mich eingeladen, na ja, was heißt einladen, Max schaute mich wieder an, diesmal aber viel entspannter, wir wollten zusammen kochen, aber dazu kam es nicht "
" Ihr habt…! " fragte ich schmunzelnd
" Ja! Leider "
" Wieso leider? "
" Ach, du verstehst es noch nicht! "
" Aha, OK! "
Egal! , fuhr er fort, auf jeden Fall kam es ein paar Mal dazu, dann war sie geschäftlich unterwegs, ich ebenfalls, das weißt du ja, und wir haben uns dadurch kaum noch gesehen.
" Schreibt ihr euch? "
" Nein! , aber sie ruft mich manchmal an, meistens unpassend! "
" Das ist also der Grund? "
" Ja…, kann man so sehen! " erwiderte Max mir und zuckte dabei unschlüssig mit der Schulter
Ich unterbrach meine Befragung an jenem Abend an dieser Stelle, trank noch zwei Bier mit ihm und fuhr gegen 2h nach Hause
Das Leben nahm seinen gewohnten Lauf an, so auch Meins und Max Seins. Wir trafen uns immer seltener, gingen kaum noch zusammen aus, und als es mal wieder soweit war, trug mein Gedanke eine schwere Last beim erfahren einer neuen Nachricht. Es war inzwischen Ende April
Mit der Vorfreude auf eine längst ersehnte Partynacht fuhr ich an jenem Freitag zu Max, setzte mich ungeduldig auf die Bettkante und wartete, als es plötzlich klingelte. Er nahm den Hörer, blickte ziellos auf die Decke und erwähnte leise und gelangweilt den Namen Sophien. Ich bat ihn gleich darauf die Taste für die Freisprechanlage zu betätigen, er tat dies, und eine warme, schüchterne Stimme erklang durch den ganzen Raum. Mit dem Schluss des Telefonates, es war nicht sonderlich lang gewesen, fragte ich meinen Freund, ob Sophien ihrer Eltern getrennt oder geschieden leben. Er bejahte, fragte mich aber verdutzt, wie ich denn darauf gekommen sei. Ich habe es nur geraten, erklärte ich ihm.
Irgendetwas regte mich an, ich kann mich bis heute nicht dran erinnern, was es wirklich war, die Frage, ob Sophien nicht einwenig prall ist, zu stellen. Max nickte und fragte wieder
" Wieso? "
Ich gab ihm keine Antwort, die kannte er ja bereits
Schon damals, es lag durchaus eine lange Zeit zurück, wo ich das erste Mal mit Max und zwei anderer Jungs zusammen ausgingen, bemerkte ich seine Vorliebe für schmächtige, schlanke Frauen. Nie, nicht einmal im bestürzten Zustand hatte ich Max eine mollige, von einer dicken ganz zu schweigen, Frau angesprochen. War dies etwa der Grund, warum er sich von Sophien fernhalten wollte?
Zwei Tage nach dieser Partynacht, sie war nicht so berauschend wie wir es uns erhofft hatten, sprach ich ihn beim Zuschauen eines Fußballspiels noch einmal wegen Sophien an. " Später! " sagte er bittend
Als die Sonne schon tief und träumerisch am Horizont hing, fuhren wir mit meinem Auto auf einen Parkplatz eines Suppemarktes, von wo man den kompletten Ausblick auf den Flughafen und die Landebahn geboten bekam. Beim Betrachten dieses Bildes verriet mir Max weitere intime Empfindungen
" Sie ist nicht fett, gar nicht, nur ein bisschen wohl geformt " beteuerte mein Freund immer wieder. Das erste Mal als sie sich liebten, Max strahlte bei diesem Gedanke seltsamerweise wie ein doofer Teenager, fand kein anatomisches, sonder nur platonisches Vereinen zweier Körper statt. Denn vor diesem Liebesakt war er einfach nur verrückt nach ihrer Person, nach deren Esprit, Albernheit, Scheu und Geborgenheit gewesen. Und Sophien? Ja! , auch sie fühlte sich verstanden sowohl von, als auch bestens bei ihm aufgehoben in seiner behüteten Welt, in ihrer gemeinsamen Welt. Selbst wenn sie sich an jenem Abend vor glühendem Verlangen gar die Kleidung der Jeweiligen vom Leibe gerissen, konnten sie sich nicht mit ihren Augen sehen, denn allein ihre feuchte Atemzüge, ihr klebender Schweiß und ihr pulsierendes Blut hatten sie zu einander geführt
Aber auch diese rasende Inbrunst dauerte nicht lang, sie zerfiel irgendwann im Laufe der Zeit mit Sophien ihrer unstillbaren Gier an der Verwirklichung sexuellen Phantasien
Konsterniert blickte ich zu Max, als er an dieser Stelle abbrach. Er grinste und hieß mir weiter zu zuhören, und ich tat es
Bereits in jener gemeinsamen Nacht konnten sie es kaum erwarten sich in eine intensive und wollüstige Beziehung, die frei von jeglichen Diskrepanzen und Argwohnen sein würde zu stürzen. Aber immer wieder insistierte sie, sie sei fett, mal scherzend, mal überzeugt. Er dagegen beteuerte dies wie die meisten es höchstwahrscheinlich auch täten, und erzählte ihr sogar von seiner ersten Erfahrung mit einer " dicken " Person
Ich unterbrach ihn an dieser Stelle und fragte
" Nee, du hast ihr doch nicht Alles erzählt oder? ", wobei meine Augen ihm einen enttäuschenden Ausdruck verriet
Er entschuldigte sich und fuhr weiter
Sie fragte ihn, wie Max es erwartet hatte, wie es zu diesem Ereignis gekommen, und ob er es gut war.
Der Grund für meinen grimmigen Blick lag darin, dass ich mich dafür schäme, über diese Geschichte, über die Tatsache, dass ich damals Sex mit einem minderjährigen Kind gehabt hatte, zu reden. Mein Freund dagegen erzählte ihr an dieser Stelle bedenkenlos über The Triogang (Ich, Max und noch einen Freund) und ihren Ausflug nach Karlsruhe, wo es zu einer frivolen Begegnung mit drei molligen Teenagers kam. Folgende Beschreibung muss ich Max zuschreiben
: Juli war es, als wir nach Karlsruhe zu einem Festival mit Livebands fuhren, geplant war ein Treffen mit ein paar Frauen, die wir eine Woche zuvor kennen gelernt hatten, zu viert. Ich, Max, ein anderer Freund, und noch ein anderer Freund, der den Fahrer spielen musste. Bereits auf der Hinfahrt hatten wir drei sämtliche Flaschen, darunter ein Jack Daniels, Red Bulls, Wodka und Lambrusco geleert, und waren demzufolge ziemlich benebelt dort angekommen. Auf dem Rückweg vom Festplatz zu unserem Auto, ich selber hatte vom Festival so gut wie gar nicht mitbekommen, sahen wir eine Truppe jungen Mädchen auf dem Straßenrand sitzen, sprachen sie an, und gingen mit ihnen wieder zurück in Richtung Festplatz um uns etwas Wasser zu holen. Ich hielt die Hand eines Siebzehnjährigen namens Jenny, deren Freundinnen ich ebenso alt einschätzte, ging durch die dämmerte Wege und machte irgendwann auf irgendeiner Wiese neben irgendeinem See Halt. Die Anderen taten das Gleiche. Als ich ihren begehrenden Blick sah, stürzte ich überfallartig über sie, und wir küssten uns. Es vergingen zehn, zwanzig oder gar dreißig Minuten, ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren und sah dementsprechend nur noch ihre entblößte, schwere Brüste und meine bis zum Knie herunter gezogenen Jeans. Neben uns passierten immer noch vereinzelte Festivalbesucher, und sie staunten sich nicht schlecht, zumal die Anderen auch das Gleiche wie ich taten. Währendessen stand unser Fahrer, der noch andere Freund zuweilen am Wegrand, beobachtete uns, und war bis zur Abfahrt spurlos verschwunden.
Als Sophien dies hörte, schmiegte sie sich noch enger und fester an seinem schmächtigen Körper, aber sie schlief nicht ein, sondern blieb bis zum Frühstück wach, das wiederum ihn einwenig erschrocken hatte. Erst nachdem er sie einige Male später davor warnte, ebenfalls wach zu bleiben, konnten sie ihre Zweisamkeit mit in den Schlaf bringen.
" Sie ist sehr experimentsfreudig, deutete Max mir immer wieder, sowohl im Beruf als auch im Liebesleben "
Die wenige Gelegenheiten, die der Beiden ihr Zusammenkommen ermöglichten, wurden auch voll ausgeschöpft. Alles, Alles wollten sie schon ausprobiert haben
Es war vielleicht zu viel gewesen…
Und er schwieg bei diesem Satz
Mir blieb nicht Anderes als zu warten bis er weiter erzählte
" Sie ist so nett, und ich glaube, ich habe Angst, dass sie mich liebt, verstehst? "
Diesmal schwieg ich
" Sie hat es zwar noch nie gesagt, aber ich weiß es! ... He Danny!" Verwirrungen und Ratlosigkeit sah ich in seiner Augen, als er meinen Namen nannte
" Ich mag sie auch, aber da gibt es etwas, das ich nicht ausstehen kann, nämlich sie von hinten zu nehmen, es…, ist mir irgendwie p e r v e r s, verstehst du? es erinnerte mich an Schw… "
Pervers? dieses Wort blitzte mir durch den Kopf, doch ich hatte mir nicht getraut, es neben Max auszusprechen. Stattdessen schlug ich ihm vor, ihn nach Hause zu fahren
- Für mich war es an jenen Tagen einfach nur unverständlich, dass der ersehnte Weg zum Glücklichsein an einem so lächerlichen Ideal, einem utopischen Wahn unserer modernen Zeit scheitern musste. Und für Max? , ich wusste es nicht, denn wir sahen uns erst einigen Wochen danach wieder. Aber ich hatte mir mehrmals die Mühe gegeben, mich in seine Situation hineinzuversetzen. Und es war mir durchaus gelungen, mich wie ein 27 Jähriger zu fühlen, der sich nicht mehr traut, die Coitus a Tergo-Nummer mit der Frau, die seine Liebe mehr als verdient hätte, durchzuziehen. Schrecklich, wortlos und schrecklich fühlte ich mich dabei.
Seltsamerweise aber, je schrecklicher und unerträglicher die imaginäre Rolle von Max wurde, desto mehr Fragen stapelten sich in meinem wirren Kopf
" Ist es möglich einer Frau so Etwas rüberzubringen, ohne sie dabei zu verletzen? "
" Ist es ein berechtigter Grund, sich deswegen von einer Person, die sogar den Schlaf ihres Liebsten bewacht, zu trennen? "
" Ist es überhaupt möglich, Sophien nicht zu lieben? "
Neben diesen Fragen tauchten noch andere absurdere wie
" Vielleicht kann ich ja für ihn rein springen, warum nicht? " oder
" Es könnte ja eine Dreierbeziehung geben, ich für die Nacht, er für den Tag… " auf, die ich mir aber schnell aus dem Kopf haute
Sophien, da sie Grafikdesignerin war, kreierte unter anderem Flyers, Visitenkarten, Logos und fotografierte ausschließlich Blumen jeder Art, insbesondere Lilien. Ich aber hatte nie die Gelegenheit gehabt, ihre komplette kreative Arbeit bewundern zu dürfen, bis auf einige Exemplare, die Max gewidmet waren. Hin und wieder legte sie ihm Blumen oder wunder-schöne Karten auf seinem Wagen während er arbeitete. Andere Male überraschte sie ihn mit einem Flugticket oder Eins für das Musical 42th Street. Aber nie, nie hatte sie ihre Liebe wortwörtlich geäußert, weder direkt, noch indirekt. Natürlich bemerkte sie nach und nach das spürbare Entfernen von Max, dennoch beschwerte sich Sophien keineswegs bei ihm, sondern suchte den Fehler bei sich selbst. Mehr noch, sie machte sich Vorwürfe, sie habe sich nicht genug Zeit für die Beziehung genommen, sie sei stets erfolgsorientiert gewesen, und ihretwegen, nur ihretwegen nahe sich das kaum beginnende Liebesglück sein jähes Ende
Immer wieder erinnerte sie sich dem vergangenen Weihnachtsabend mit ihrer Mutter und der älteren Schwester. Es war ein gemütlicher Abend, daran zweifelte sich Keiner, doch sie konnte ihn einfach nicht genießen, nicht am Festtag der Liebe. Schließlich rief sie gegen 1h Max an, und fuhr auch gleich zu ihm. Die Anstrengungen provisorischen Weihnachtsvor-bereitungen steckten noch in ihren Gliedern, trotzdem blieb sie mit ihm bis zum Morgen-grauen wach, nur weil er sich an seiner gestellten Regel halten wollte. In den letzten Tagen ihrer Zweisamkeit hatte sie oft daran gedacht, wie sie diese weiterhin erhalten, sie immer wieder von neuem gestalten, neu beleben könnte, und wie sie weiterhin Max zunehmende Lustlosigkeit gedulden sollte. So häufig wie nie zuvor telefonierte sie mit ihrer Mutter, kam vorbei und suchte Rat bei ihr. Sophien liebte ihre Mutter wie die meisten Kinder es tun. Schon als kleines Kind wollte sie so sein wie ihre Mom (sie Beide mochten dieses Wort), so willenstark, so selbstsicher, so emanzipiert.
Und da die Mutter bei ihrer Scheidung weder Unterhalt, noch irgendwelche besondere Wünsche außer dem Aufbehalten schöner Erinnerungen von ihrem Ex-Mann verlangt hatte, war es für Sophien beschlossene Sache, Max nicht hinter her zu laufen. Sie stellte damit ihre eigene Regel auf, wie er es auch bei ihr gemacht hatte.
Was sie die ganze Zeit über nicht wusste, und auch nie erfahren wird, war, dass Max den Anschluss zu seiner ersten großen Liebe gesucht und auch damit Erfolg hatte. Sie lebte und arbeitete als Visagistin in den Niederlanden
Der Mai brach viel versprechend sonnig und warm herein, endete letztendlich leider ereignislos
Der Juni bescherte uns die ersten heißen Tage, in denen wir oft zelten oder schwimmen gegangen waren
Den ganzen Juli war Max verreist, entweder in der Türkei, oder in Holland. Und ich? Ich traf mich mit gebrochenem Finger eines Abends mit einem der anmutigsten Fräulein, das ich bis dahin jemals kennen gelernt hatte
Kein einziges Mal in diesen drei Monaten hatten wir über Sophien gesprochen, sie war für uns Beiden ein abgeschlossenes Kapitel eines nicht erwähnenswerten Buches. Und deshalb war es seltsam, aber nicht minder schön an jenem Abend sie so unerwartet wieder zu sehen.
Du, lieber Leser, ich habe eben erfahren, dass du jetzt unverzüglich dich auf einer langen Fahrt begeben sollst. Entspanne dich erst einmal. Es ist ganz egal ob du nun die Bahn nimmst, oder dich Jemand fährt, (wenn du aber selbst am Steuer sitzen müsstest, dann lässt es sich einwenig komplizierter regeln) sie werden auf dich warten. Lese die Geschichte erst zu Ende, die Andere, Nächstkommende kannst du auch später während der Fahrt, auch wenn es schwierig ist, da dein Ankommen erwartet wird, oder du erwartest etwas Ankommendes, oder noch besser, etwas Erwartetes ist bereist angekommen und harren jetzt nur noch darauf, von dir gesehen, geprüft, geliebt, kontrolliert zu werden, auf jeden Fall aber könnte es dich von Lesen ablenken. Mache nun nur noch dein Handy aus, ich gehe mal davon dass du ein oder gar zwei hast, dann ist Alles erledigt
Sie hatte einen schwarzen Blazer, der ihre schmale Taille umfasste an, darunter eine sehr dezente türkisfarbene Bluse. Ein tiefes Dekollete lenkte neben dem hohen Schuhabsatz von ihrer doch einwenig üppige Hüfte ab, deren Umfang ich höchstens auf 120 schätzte. Was mir bei ihr auch gleich auffiel, zumindest an jenem Abend, war ihre schmale Lippen, die nicht besonders gut zu ihrer großen Augen passte. Sie war, wenn überhaupt nur leicht geschminkt.
Während ich Sophien bildlich studierte, mich dabei wunderte, wo ihre Freundinnen, Freunde, oder Kollegen waren, und mir immer wieder großzügig einschenkte, hatte es da draußen fast aufgehört zu regnen, es nieselte nur noch zum Teil. Als Max mich dann in meiner Versenkung ertappte, und mich zu ihnen zog, fühlte ich mich auf einmal unwohl, einfach unpassend und unter der Beobachtung Sophiens. Wenig später aber kam ein junges Fräulein auf uns zu, bei dessen Augenschein mir der Gedanken > man, die ist aber dick! < durch den Kopf schoss, und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich. Sie war nicht nur meine Rettung, sondern auch die beste Freundin, wie Sophien sie uns sogleich vorstellte. Claudia hieß sie, und ihre Masse war von beträchtlicher Opulenz
Es lag nur bedingt am Wein, weshalb ich mich an die Gespräche mit Claudia, Max und Sophien waren ja mit einander beschäftig, so gut wie gar nicht erinnern konnte, eher war es meine Zerstreutheit, die bis dahin immer eintrat, wenn ich desinteressiert meine Zeit für Irgendetwas opfern musste. In diesem Fall mit ihr.
Auf einmal spürte ich einen leichten Druck auf meinem linken Unterarm, ich drehte mich um, und sah meinen arabischen Weggefährten, der zerknirscht sich bei mir auf Englisch entschuldigte. An meiner rechten Seite waren bereits Landschaften erkennbar.
Ich ließ mich in den Sitz fallen, einen unverkennbar ärgerlichen Seufzer ausstoßen, und versuchte den Anschluss an diesen Abend zu finden. Doch alles war verschwommen, nur an Eines konnte ich mich, auch wenn nur vage erinnern, dass Sophien einige Tage davor 26 wurde.
Ich wollte den stark behaarten jungen Mann neben mir mit meinem anstatt verärgerten, inzwischen vorwurfsvollen Blick begegnen, zog mich aber doch noch rechtzeitig zurück, und starrte dafür wie hypnotisiert auf mein leeres Glas, das ich immer noch in der Hand hielt. Als ich mich irgendwann endlich beruhigt hatte, spürte ich gleichzeitig den Durst nach einem süßen Tropfen, doch umsonst. Wieder stieg der Ärger in mir hoch, aber ebenso schnell verschwand er, denn ich musste mich auf eine lange Reise, die noch vor mir stand, vorbereiten, und da blieb mir einfach keine Zeit, weder für Max und Sophien- Geschichten, noch für einen lächerlichen Konflikt mit meinem Nachbar.
Die Stewardess, die mir einige Minuten zuvor den Wein verweigert hatte, kam das letzte Mal bei diesem Flug aus dem Crewraum in meine Richtung, machte neben unserer Sitze Halt und half einer in der Mittereihe sitzenden alten Frau beim Anschnallen. Sie hatte ein wunderschön geformtes Hinterteil, es war Alles, nur nicht Dick…
Nun, lieber Leser. Diese Geschichte endet hier, jetzt muss du dich aber beeilen, der Fahrer, die Bahn wartet nicht mehr lange.



Eingereicht am 30. März 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.


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