Einem jeden schlägt die Stunde zur rechten Zeit
© Manfred Schröder
Prolog.
Der Tod nahm sein Stundenbuch zur Hand, in dem eines jeden Menschen Lebensende verzeichnet ist und machte ein Kreuz hinter einem Namen. Die Uhr des Kirchturms schlug die vierte Stunde.
*
Es war einmal ein junger Mann, dessen größter Wunsch es war, Arzt zu werden, um anderen Menschen zu helfen. Gleich nach seinem glänzenden Abitur, begann er auf der Universität Medizin zu studieren. Er war fleißig und wissbegierig und die Professoren sagten ihm eine große Zukunft voraus. Ein Professor, den er besonders mochte, sprach immer davon, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Ja, dies wollte auch er. Und träumte davon, ihn eines Tages für immer aus dem Leben zu verbannen.
Es kam der Tag, wo er sein Studium beendet hatte und als Assistenzarzt in einem Krankenhaus zu arbeiten begann, wo man seine Begabung schnell erkannte. Und nach einigen Jahren war er Chefarzt.
Eines Tages wurde ein junger Mann ins Krankenhaus eingeliefert, dem der Tod schon ins Gesicht geschrieben stand und für den es wenig Aussicht gab, dass er überleben würde. Doch die Ärzte resignierten nicht. Und das Wunder geschah. Der Patient genas.
"Wir haben dem Tod ein Schnippchen geschlagen", sagte der Chefarzt stolz. Und schon bald konnte man den Mann entlassen. Die Ärzte sahen vom Fenster aus, wie er forschen Schrittes, als wäre es die seine, die Straßen überschritt. Die Kirchturmuhr schlug die vierte Stunde. Und da geschah, woran doch niemand dachte. Ein Auto kam herangerast, erfasste den Mann und begrub ihn unter sich. Er starb auf der Stelle.
Da gewahrte der Chefarzt an der Straßenecke den Tod, der scheu lächelte und, als bedaure er, die Hand hob.
Eingereicht am 03. März 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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