Aapo und das Akkordeon*
© Manfred Schröder
Zu der Zeit, als in den finnischen Wäldern die Bäume noch mit der Axt gefällt wurden, passierte es, dass ein umstürzender Baum einen Holzfäller unter sich begrub und dieser schwerverletzt in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Doch schon bald kam Ersatz in Gestalt eines jungen Mannes, der Aapo hiess. Er war zwar gross doch schmächtig, so dass keiner der anderen Holzfäller glaubte, dass er es lange bei ihnen aushalten würde. Doch Aapo war fleissig und konnte die Axt gut handhaben. So verging einige Zeit,
bis Aapo anfing ein wenig seltsam zu werden. Denn jetzt hörte man ihn des öfteren vor sich hin sagen,´Ach, hätte ich doch ein Akkordeon; ach hätte ich doch ein Akkordeon´. Zunächst mass man dem keine grosse Bedeutung bei, denn man wusste, aus zum Teil eigener Erfahrung, dass man leicht, weit ab von den Menschen, wunderlich werden konnte. Doch da dieses 'Ach, hätte ich doch ein Akkordeon' kein Ende nehmen wollte, sagte der verständige Juha zu den Anderen, als Aapo nicht anwesend war:
-Ich glaube, dass ich weiss, wie wir ihm helfen können. Wir legen alle Geld zusammen und kaufen ihm das Akkordeon. Dann haben wir alle etwas davon. Er kann dann spielen und wir haben Musik. Ich gehe nächste Woche in die Stadt und kaufe es.-
Alle waren damit einverstanden. Und als Juha aus der Stadt zurückkam, hatte er das Akkordeon bei sich. Am Abend, als alle beisammen waren, ging Juha zum Aapo und überreichte ihm das, wonach dieser sich schon lange gesehnt hatte. Aapo schaute verwundert auf das Instrument und sagte dann mit trauriger Stimme:
-Ach, wenn ich nur spielen könnte; ach, wenn ich nur spielen könnte.
*Nach der Erinnerung einer uralten Finnin.
Eingereicht am 02. März 2006.
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