Turbulente Zeiten
© Daniela Steinbach
Marias Mann
Maria hatte davon erfahren, dass Thomas, der nicht wirklich attraktive Orthopäde, ihr Ehemann, eine Affäre mit einer Krankenschwester hat. Sie war verzweifelt. Sie wurde in Serbien konservativ erzogen und hatte bei der Hochzeit vor 10 Jahren beschlossen, nur diesen Mann zu lieben. Untreue käme einem Todesurteil gleich. Sie war am Boden zerstört. Thomas erklärte einmal, er wolle neu beginnen. Ein anderes Mal, er wolle seine Familie nicht wirklich verlieren. Das ging so hin und her, eine ganze Weile lang. Eines
Tages packte er aber seine Koffer, zog in eine Wohnung gleich in der Nebenstiege, um am Familienleben jederzeit teilnehmen und doch alleine seiner künftigen Wege gehen zu können. Mit der Krankenschwester natürlich. Kurz davor hatten Maria und Thomas noch einmal Sex miteinander. Dabei wurde ein Baby gezeugt. Als sie bemerkte, dass sie schwanger war, stand sie alleine da, weil Thomas mittlerweile seiner Wege ging. Natürlich wurde er über die Situation informiert und riet zu einer Abtreibung. Und beschwerte sich,
dass sie nicht richtig mitgerechnet hatte. Auch seine Mutter empfahl Maria das Baby nicht zu bekommen. Schließlich seien ja bereits zwei Kinder da und mit einem dritten hätte sie es als alleinstehend Frau schwerer als mit zweien. Für Maria begann eine harte Zeit. Sie hatte einen Termin in einer Klinik und entschloss sich doch dafür, das Baby zu behalten. Sie lebte alleine mit Babybauch und den beiden Kindern. Thomas mischte sich permanent in den Alltag ein, so viel wie gerade zeitlich passend. Er war nicht wirklich
gänzlich weg, lebte aber alleine in seiner Wohnung und kam nach Belieben. Es begannen Streitereien wie viel Geld er seiner Familie geben müsse, er setzte seine Ehefrau unter Druck. Eines Tages reichte es Maria und sie suchte einen Anwalt auf. Der beriet sie und um Thomas einmal klar zu machen, dass er verpflichtet sei gewisse Summen zu zahlen und diese keineswegs als Almosen anzusehen wären, wurde ein Schreiben an denselben aufgesetzt und abgeschickt. Plötzlich wurde bei Thomas eine große Veränderung festgestellt.
Nach der ersten Aufregung über Marias Gang zum Anwalt kamen ihm Bedenken, die an sich geliebte Familie durch eine Scheidung zu verlassen. Im Gegenteil, es war ihm nun ein Anliegen, Maria zurückzugewinnen. Nach einigen Monaten, das Baby war bereits geboren, zog er wieder daheim ein. Die gesunde Krankenschwester hat er verlassen.
Neulich in der Werkstatt
Die moderne, intelligente, selbstbewusste Frau die mit beiden Beinen fest im Alltagsleben verankert ist, die Mann, Haushalt, Kinder, Karriere und sich selbst perfekt organisiert, muss immer wieder die schmerzliche Erfahrung machen, dass es unüberwindbare Grenzen für sie gibt. Nämlich in der Autowerkstatt. Es sind durchwegs Männer, die einem dort entweder mürrisch oder milde-mitleidig lächelnd entgegen treten, um sich zunächst die Sachlage schildern lassen. Mir erging es zum Beispiel neulich so, als ich meinen
Pkw zum Pickerl-Überprüfen in der Autowerkstatt meiner Wahl anmeldete. Es wurde mir am Telefon versichert, dass ich, vorausgesetzt ich könne meine müden Glieder bereits um 7h früh auf Trab bringen und den Wagen um eben diese Zeit dem sachkundigen Werkstättenmann übergeben, nicht länger als ein Stündchen warten müsste. Freudig willigte ich ein, ganz gerührt, dass das Unterfangen nur so wenig Zeit in Anspruch nehmen würde. Ich verließ also am Tag X meine Familie im Morgengrauen um mich pünktlich in der Werkstatt
einzufinden. Der Meister begrüßte mich freundlich und nahm sich die Zeit, mir beim Vorbringen meiner Anliegen aufmerksam zuzuhören. Denn nicht nur das Pickerl wollte ich überprüft haben, sondern auch ein neues Scheinwerferglas bestellen. Kein Problem, bekam ich zur Antwort, das Bestellen und die Zustellung desselben Glases dauere nur ein, zwei Stunden, und da das ganze Service ohnedies erst zu Mittag abgeschlossen sein würde, sei dann alles bis 13h erledigt und mein Gefährt abholbereit. Ungläubig starrte ich
mein Gegenüber, das sich nun bereits einem männlichen Kunden zuwendete, an. Ich wagte mit energischer Stimme Einspruch zu erheben, von wegen extra um 7h herbeidüsen und ein Pronto-Service zu bekommen! Aber es half mir nichts, im Gegenteil, ich erntete nur einen vorwurfsvollen Blick. Also machte ich mich per Straßenbahn auf den Heimweg und um der unnötig frühen Aufstehaktion etwas Gutes abgewinnen zu können, kaufte ich für Mann und Kind ein paar Frühstückssemmeln. Ich organisierte den Vormittag geschickt um, und
hielt abermals pünktlich mein date mit dem Werkstättenmann ein. Tatsächlich musste ich nur mehr eine weitere halbe Stunde warten, wurde aber in Bezug auf das Scheinwerferglas vertröstet, denn es gäbe plötzlich Lieferschwierigkeiten. Zwar könne bestellter Teil minütlich eintreffen, vielleicht aber auch nicht. Ich entschloss mich, den Rat des sachkundigen Personals anzunehmen und einfach in den nächsten beiden Tagen wieder vorbeizukommen, bis dahin sei garantiert alles eingelangt. Ich ersuchte um Verständigung,
wenn dem so sein werde, da ich nicht unbedingt auf Verdacht herbeieilen wollte. Da wurde der Werkstättenmann ungemütlich. Er brauche mich nicht zu kontaktieren, in zwei Tagen wird das Scheinwerferglas da sein. Punkt. Schließlich könne er nichts dafür, wenn die Firma B. heute nicht zustellt. Ich zog es vor, nicht zu meckern und dem Mann zu vertrauen. Als ich ein paar Tage später in der Nähe war, parkte ich schwungvoll vor der Werkstätte, die bald nicht mehr die meiner Wahl sein würde, und forderte mein ersehntes
Scheinwerferglas ein. Die nette Dame am Schalter überschüttete mich mit Entschuldigungen, aber die Lieferschwierigkeiten hätten sich zum Leidwesen des Unternehmens ausgedehnt. Ich bekam einen Anfall, der mir nun doch wie ich meinte zustand und bestand darauf, mich im gegebenen Fall zu kontaktieren. Die Zeit verging im Nu und fast hätte ich auf meine Bestellung vergessen. Als ich einen Termin für das Umstecken meiner Winterreifen benötigte, wurde ich darauf aufmerksam, dass sich original kein Mensch aus der Werkstatt
bei mir gemeldet hatte. Jedoch wurde mit mir nun vereinbart, dass man die Reifen in Kombination mit dem endlich eingelangten Glas montieren würde. Juchhu! Diesmal schien alles optimal zu klappen. Nach Beendigung seiner Arbeit, verabschiedete sich der Werkstättenmann persönlich von mir und übergab mir triumphierend den Autoschlüssel. Ich wendete mich meinem Wagen zu, bückte mich um das neue Scheinwerferglas zu begutachten und prallte entsetzt zurück. Das kaputte Scheinwerferauge meines Gefährtes blickte mir traurig
entgegen. Hingegen war das kleine Blinklicht rechts unten, welches einen nicht dramatischen Sprung hatte, ausgetauscht worden. Ich rannte dem Werkstättentäter hinterher, erwischte ihn am Arbeitsmantelzipf und stellte ihn zur Rede. Erstaunt schüttelte er sein Haupt. Dieser Schaden müsse neu sein, vorher war nur das Blinklicht-Glas defekt gewesen. Diese unendliche Dummheit oder Frechheit, wie auch immer, hatte zur Folge, dass mir kurzfristig die Worte fehlten. Was mir eigentlich sonst niemals passiert. Nun wird
also wieder einmal ein Scheinwerferglas bestellt, und danach wechsle ich die Werkstatt. Allerdings bezweifle ich, ob Männer ebenso derartigen Problemstellungen zum Opfer fallen. Bis jetzt wurden mir Werkstättenkuriositäten dieser Art ausschließlich von Frauen anvertraut. Was einerseits tröstlich auf mich wirkt, da ich also nicht alleine mit meinen Sorgen bin. Andererseits gibt es zu denken!
Michi T. hat seine Frau verlassen
Er ist nun mit einer jungen Fernsehmoderatorin zusammen und macht tapfer bei deren jugendlicher Freizeitgestaltung mit. Seinen Sommerurlaub verbringt er in Ibiza anstatt in den österreichischen Bergen. Der Michi, der sonst so gern am See sitzt und ins Wasser schaut, muss in flippigen Discos ab 3h Früh tanzen und seinen persönlichen Rhythmus völlig umstellen. Michi hatte im Zuge seines herannahenden 40. Geburtstags den Wunsch verspürt sein Leben zu verändern und aus seiner Ehe, die ihn angeblich seit Jahren genervt
hat, auszubrechen. Michi war in meinen Augen immer der brave, fast biedere Familienvater und Ehemann. Hatte den Eindruck, dass er und seine Frau Monika ein entspanntes und harmonisches Eheleben führten. Michi lebt jetzt alleine in einer kleinen Wohnung und übernachtet oft bei seiner Freundin. Sein Outfit hat er ziemlich verändert, sieht aber gut aus. Er lebt das Leben eines jugendlichen Verliebten. Bekommt SMS von seiner Freundin, fährt in der Nacht zu ihr und hat spannenden Sex. Ist jetzt offiziell kein "Nur-Familienvater"
mehr, sondern Solist, der aus erster Ehe zwei Kinder hat, um die er sich gerne kümmert. Sozusagen als väterlicher Freund. Seine 17-jährige Tochter findet die ganze Situation richtig cool. Der Papa ist nun kein spießiger Familientyp mehr. Aber ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, dass er gelegentlich auch darüber nachdenkt, wieder alles hinzuschmeißen. Vielleicht dann, wenn ihn die junge Freundin wegen eines interessanten Fernsehproduzenten verlässt.
Michi T. ist nun in besseren Händen
Wie prophezeit, haben sich Michi und die junge Fernsehmoderatorin getrennt.
Michi hat nun eine unglamouröse Krankenschwester aus Purkersdorf zur Lebenspartnerin gewählt und fühlt sich angenehm und gut.
Nun muss er auch nicht mehr in Flipflops in den Discos von Ibiza tanzen!
Eingereicht am 15. Februar 2006.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.