Baum der Erinnerungen
© Annett Günther
Ist eingepflanzt mit der Wurzel hängend in der Erde und steht gerade hier in diesem Garten, der an einem kleinen Feldweg liegt, in der Nähe der Stadt und einem alten Mann Gehört.
Seine Frau ist vor Jahren verstorben, die Kinder sind fort in die Stadt gezogen.
Aber alleine gelassen fühlt er sich nicht.
Der Garten, den sie vor Jahren bebaut und bepflanzt haben, gibt ihm Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr die Geborgenheit und die Wärme die er braucht, auch in der kalten Jahreszeiten.
Jeden Abend geht er noch einmal zum Abschied des Tages durch den Garten.
Dabei betrachtet er besonders jenen Baum mit seinen schon etwas schwächer gewordenen Augen, den sie beide vor Jahren gepflanzt hatten, als ihr erstes Kind geboren wurde.
Bei diesen Baum bleibt er immer etwas länger stehen als bei den anderen Bäumen, die seinen Garten verschönern Denn wenn er diesen Baum ansieht, träumt er den Traum von seinem Leben, fühlt er sich in jene Zeit zurückversetzt, in der mit seiner Frau und seinen Kindern fast jeden Abend an den warmen nach Holz duftenden Kamin saß.
Sie redeten über Ereignisse des Tages, spielten manchmal miteinander und manchmal schauten sie sich auch nur schweigend an.
Doch jetzt, wenn er nach seinen Abendspaziergang in das Haus zurückkehrt, hört er nur das knisternde Holz in seinen Kamin.
Aus weiter Ferne hört er manchmal Klaviermusik, draußen bellt der Hund, der von einem vorübergehenden Passanten aus dem Schlaf geschreckt worden ist.
Und der alte Mann sieht aus dem Fenster zu seinen Baum.
Eingereicht am 26. August 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.