Kurzgeschichten       Kurzgeschichten - Erzählungen - Short Stories

eBook-Tipp
eBook Karin Reddemann: Toter Besuch
Klick aufs Cover

 

eBook Karin Reddemann: Rosen für Max

Dez
01
Jonas schreibt
© Karin Reddemann

Der Sinn meines Lebens ging zur Neige, ehe ich ihn überhaupt registriert hatte. Ich trank den lausigen Rotwein, den meine Mutter im Kellerregal fürs Kochen bunkerte, und es war mir egal, dass sie morgen keinen mehr haben würde. Morgen war Zukunft, gestern war Krieg. Heute ist Rache. Die Verantwortung für meine kalten, fast rohen Gefühlen trägt Jennifer Neuneinhalb. Sie und der verdammte Rest der Crew, die mich fertig machen wollen. Mit Hirnen, die nur Luft spucken. Da muss Besseres kommen. Also schrieb ich vor exakt einer Dreiviertelstunde mein eigenes Todesurteil, den alles vernichtenden Kahlschlag eines Ehrenmannes, der Handschuhe schmeißt und das auch so meint, kippte den Rest der Flasche in einem großartigen Hau weg, musste schwer würgen, aber das Zeug blieb drin. Sein Glück. Ich formulierte einmalig, das lag vermutlich am Wein und meinem männlichen Zorn, in erster Linie aber an meinem Kopf, der grundsätzlich Großartiges erdenkt und sich nicht und niemals kampflos ergeben wird.

"Von mir hört und lest Ihr hier nichts mehr. Ihr kleingeistigen Flachswichser. Hochachtungsvoll, Jonas Schickeböhm!" Das war's. Zugefroren schickte ich meine Erklärung ab, schraubte den Drehverschluss von der zweiten Pulle auf, Billigscheiß, natürlich, wer legte in diesem verdammten Haus denn Wert auf Qualität. Alle gleich, stumpfes Pack, meine Mutter, Großvater Karlheinz, der Hund, Jennifer Neuneinhalb. Doktor Siegfried Terwey. Schüttete mein Wasserglas voll und nahm einen kräftigen Schluck, hatte jetzt tatsächlich einen echten Kotzreiz, schluckte ihn aber mit etwas Mühe runter, wo er blieb. Irgendwo da unten, würde vermutlich üblen Stuhlgang geben, aber das nahm ich hin.

Doktor Siegfried Terwey. Vermutlich gar kein echter. Gescheiterte Existenz, aber Papi zahlt ja, bis ich hundert bin. Legt sich den geklauten Titel zu, lässt die olle Matte wachsen, damit sie schlampig auf den Schultern hängt, macht einen auf Verleger und lässt zugekokst die letzten Penner Kurzgeschichten schreiben, die er dann grölend und ohne Verstand ins Internet setzt. Kritiklos. Ausnahmslos. Der größte Scheißer darf rumkrakeln und sich vorkommen wie der nächste Nobelpreisträger. Literatur, meine ich jetzt. Davon spreche ich. Ich buchstabier's: L-I-T-E-R-A-T-U-R! Die allerletzten Hänger mixen auf dieser Kack-Internet-Seite mit, allesamt Versager, diese Möchtegern-Schlauen, kenn solche Idioten zur Genüge, mit Ach und Krach Abi gemacht, wenn überhaupt, so ein bisschen doof herumstudiert, wahrscheinlich noch nicht mal, vermutlich allesamt stumpfsinnig in der Nase popelnde Hausfrauen und besoffene arbeitslose Akademiker, die ihren Professoren in die Ärsche gekrochen sind, um ihr verdammtes Mickymaus-Diplom zu kriegen.

"Von mir hört und lest Ihr hier nichts mehr. Ihr kleingeistigen Flachwichser. Hochachtungsvoll, Jonas Schickeböhm."

***   ***
© Dieser Text urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigungen jeglicher Art, auch auszugsweise, nur mit Zustimmung der Rechteinhaber.
»»»   »»»   »»»   »»»   »»»

Unser eBook-Tipp

Karin Reddemann
Schweigeminuten

Amazon Kindle Edition
ASIN B005RPH4C0

»»» bei Amazon herunterladen

Warum wünscht sich ein Mädchen in einer Leichenhalle zu liegen und aufzuwachen in einem weißen Nachthemd aus Spitze, das dem Totenhemd ihrer Tante ähnelt? Wer ist der Tote Mann auf dem Bett, in dessen Hals ein Schraubenzieher steckt? Wem gehört der Ring, der im Garten unter einer Zeder vergraben wurde? Kann ein harmloser Teddybär zum Mörder werden? Warum kann es verhängnisvoll sein, ein Einmachglas fallen zu lassen oder als Kind an seinem Zeh zu lutschen? Wer waren die Personen, die auf dem alten Gemälde ohne Augen dargstellt sind und was ist ihr Geheimnis? …
Karin Reddemanns Geschichten erwecken alltägliche Ängste und düstere Bilder und entführen den Leser in eine verstörte und verstörende Welt.

© Dr. Ronald Henss Verlag