Karin Reddemann
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James verpasst© Karin ReddemannMeine erste Jeans war steif. Zu weit. Zu blau. Zu brav. Meine fortschrittlich denkende Mutter hatte sie im Kaufhaus entdeckt. Meine selbst entdeckte Lust daran, Arsch in der Hose zu zeigen, hatte sie natürlich nicht berücksichtigt. Einen Arsch, verpickelt und blass zwar, aber als Hingucker reif. Ich war zwölf und wollte ein US-Label. "Wieso, die ist doch gut." Meine dumme kleine Mutter. Damit konnte sie mich nicht beruhigen, das hatte schon mit Papas grünem Tweedmantel aus hoffnungsvollen Nachkriegsjahren nicht funktioniert. "Der ist doch noch gut." Noch. Eine Steigerung, die Alpträume verursacht bei früh entwickelten Jungs, die auf den Highway wollen. Ich zog los und suchte mir Arbeit. Mit der Kötterbächersheimer Kirchenzeitung und Frieda Gottliebs Vorgarten scheffelte ich ein kleines Vermögen, was meinen Eltern nicht behagte, weil ich gefälligst Arzt oder Bundeskanzler oder zumindest Vorarbeiter in einer Maurerkolonie werden sollte. Sie sahen mein Abitur gefährdet, ernsthaft in Sorge um ihr kluges empfindsames Burschi, aber das war mir egal. Ich wollte die Diggerhose, und ich kaufte sie mir. Sehr zum Ärger meiner praktisch denkenden Mutter: "So viel Geld? Junge, spare. Was soll aus Dir werden?" Und dann, völlig weltfremd, die Gute: "Viel zu eng. Das ist nicht gesund." Mein Vater versuchte, mir Angst zu machen. "Die schnürt Dir doch die Eier ab." Das war ein Argument. Kurzfristig fühlte ich mich unwohl, wusste ich doch um die Bedeutung. Aber dann dachte ich an Oma Friedelgund. "Onanieren macht blind." Stimmte ja nun auch nicht, also, was sollte der Scheiß? Ich legte mich aufs Bett und beschloss, den Reißverschluss dieser Hose immer und immer wieder zuziehen zu können. Meine lästige Mutter sah das gern und oft, damals traute ich mich noch nicht, ihr das Anklopfen nahe zu legen. "Das tut mir in der Seele weh." Mir tat's auch weh. Vermutlich war es auch wirklich unschön für meine unschuldige Mutter, ihr Burschi da so auf der Bettkante hängen zu sehen, mit hochrotem Kopf am Hosenschlitz wühlend, um alles hinein zu kriegen. Damals hatte ich noch diese Fettpölsterchen, die konnte ich nicht wegstopfen, die hingen eben drüber. Beim Klammerblues hatte ich dann auch Schwierigkeiten. Hinternpacken war, Knutschen sowieso, aber in Hüfthöhe ließ ich keine Berührungen zu. War eben dicklich. Noch. Aber eitel. Mann eben. Spielte dann verbissen Tennis, was ich immer noch nicht kann, um schmalhüftig zu werden. Klappte. Schmiss mich in die nächste Jeans, die aussah nach tausendmal getragen und genauso oft herunter gezerrt für einen richtig guten Fick. War selbst noch nie am Ziel gewesen, träumte aber von so was. "When I wake up in the morning light ... I put on my jeans and I feel all alright ..." Legte mich mit ihr in die Badewanne, bis ich fröstelte, bis die Hose am Körper klebte, föhnte besessen, bis meine Mutter kam. "Junge, was soll denn das?" Mein Vater grinste, war aber wohl ernsthaft besorgt. "Vaterland, was wird aus Dir?" "So pull on your jeans and come on out with me." Hat so nicht funktioniert. Hatte meine erste Frau mit Löchern. In der Hose. Ausgefranst, wurmstichig und teuer. War zu einem Zeitpunkt, der Pickelcreme nicht mehr nötig gemacht hat. James Dean war tot. Jetzt war ich dran. Sie trug Breitcord und schmeckte nach Christstollen. Eine kleine Göttin mit wenig Busen und heraugewachsener Dauerwelle, zündelte gern Räucherstäbchen, die mit Patschuli nötigten. Und trotzdem. "In the sun and the wind and the rain. I got money in the pocket, the tiger in my tank. And I'm king of the road again." Da war er endlich, der Highway. Erforscht, erkundet dank Urväterchen Levi's Vorstellung der praktischen Buxe. Und Amen.
War kürzlich bei Mama zum Entrümpeln. Fand meine erste Steife ganz hinten im Schrank, der in meinem alten Jugendzimmer steht. Lindgrün, passend zu meinem Schreibtisch. Grinste. Mama auch. "Die hast Du mal getragen, Junge." Hatte ich nicht! Sah immer noch aus wie unbefleckt. Nahm sie hoch. "I put on my jeans and I feel alright." Ich lächelte. Mama seufzte. "Diese schrecklichen Hosen danach. Diese unschönen Löcher." Hab ich gehabt. Nur eins nicht. "Pull on your jeans. You and me we'll go motorbike riding." Wäre auch nicht schlecht gewesen. "... so pull on your jeans and come on out with me." Verpasst. |