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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Sohnes Tag

© Frank Moné


Heute sollte ein besonderer Sonntag werden. Für Robin und mich. Nicht das es einen speziellen Grund dafür gab. Nö, einfach nur so. Schon das Frühstück war... sagen wir mal, anders. Keiner sagte uns: He, es alles wird aufgegessen oder irgendwas in der Art. Wir ließen die nur halb aufgegessenen Brötchen einfach liegen. Sie schmeckten nicht besonders gut, weil wir auf die Salami Nutella geschmiert hatten. Aber der Käse schmeckte auch ohne Brötchen, vor allem wenn man Honig und Ketschup drauf macht. Es war auch wurscht, das vier der sechs gekochten Eier zertrümmert auf dem Boden lagen, nachdem wir uns, wie bei Herr der Ringe, damit beschossen hatten. Auf neue, saubere Klamotten hatten wir verzichtet, die würden eh nur schmutzig werden. Und die Schuhe. Da war noch der halbe Sandkasten drin. Macht nix, wenigsten waren wir dadurch ein paar Millimeter größer. Dann ging's endlich raus. Haustür zuknallen, mit Gejohle die Treppe runterstürmen, mit Karacho das Treppengeländer runter und zwischendurch immer wieder das Surren unserer Laserschwerter. Joda und Obiwan Kenobi mussten ja das Imperium retten. Raus auf die Straße. Und gleich mit beiden Füßen rein in die nächste Pfütze. Das Wasser mischte sich mit dem Schuhsand und es wurde etwas kalt im Schuh... allerdings hatte man jetzt einen besseren Halt, zumindest wenn das Zeug hart wurde. Wurde es aber nicht, dazu gab es zuviel Pfützen, die ja sich ja nur wegen uns über Nacht gesammelt hatten. Mit Geschrei die Straße runter, Richtung Park. Wieder Lasersurren. Diesmal vermischt mit Bombeneinschlägen. Riesige Monster, geschickt getarnt als Litfasssäulen, Laternenpfähle, ja sogar als Ampeln, galt es zu besiegen, mit Weidestöcken, mit Latten, abgerissene Äste, sogar mit nichts anderem als reinem Dreck. Dann der Park. Dies war ein Ort für Vampire und Zombies. Lautlos schlichen wir näher, immer bereit noch lauter zu schreien. So zeigt man bedingungslose Kampfbereitschaft. Runter zum Springbrunnen mit dem riesigen Krokodilsmaul, hier war der Eingang zur Unterwelt und die Gefahr für uns besonders groß. Also war Tarnung angesagt. Wir redeten und benahmen uns wie Trolle, schubsten uns hin und her, gingen in die Knie, hüpften hoch und trafen uns mit unseren Bäuchen in der Luft. Äh, machten das die Trolle so? Ach, wen interessiert´s? Weiter. Hoch zur Seilbahn. Er als Indiana Jones und ich als die, die Tomb Raider spielt. Halt, wieso muss ich ne Frau spielen? Robin sah das ein, das ging natürlich nicht. Also, dann der Terminator. Der war obercool. Durch die Wiesen durch, auch mit den Klamotten, die grünen Flecken waren ne täuschend echte Tarnung. Puh, war das ne Sonne. Genau über uns. Wie in der Wüste. Durst hatten wir und Hunger. Aber es gab eine Lösung: wir konnten als Agenten in die Mafia-Bude an der Ecke eindringen, so machen, als würden wir Pizza essen und eine Cola dringen und mit geheimsten Geheiminformationen einfach wieder rausschleichen. Bezahlen würden wir mit erbeutetem Falschgeld. Ha, wird der Mafiosi gar nicht merken. Oder war er gar ein Alien? Kein Problem für die Men in Black. Nicht zu lange essen. Wir mussten runter zum Friedhof, geräuschlos durchschleichen und darauf achten, dass keine Zombies auftauchten. Dann nix wie hin zum Kino, denn innerhalb des Films waren Informationen für uns versteckt, die wir zu unserem neuen Auftrag brauchten. Treffpunkt Spielplatz. Truppen des Imperiums waren dort aufgetaucht. Wieder Lasersurren, denn wir mussten Königen Amidala befreien. Oh Mann, das kostete Kraft. Also, rauf auf die Besen und wie Harry Potter und Professor Dumbledor wieder die Straße hoch. Dann erreichte uns die Nachricht, das unsere Wohnung von bösen Cowboys angegriffen wird. Ohne Zögern, aber mit Kriegsgeheul die Treppe rauf und die Wohnung gestürmt. Überall Schüsse und Querschläger. Gleichzeitig werden wir getroffen, verwundet wie die Helden fallen wir auf die Couch. Bleiben ein Stück liegen um uns zu erholen und zum Gegenschlag zu rüsten.
Robin rüstete heute zu nichts mehr, er schlief gleich auf der Couch ein. Schmunzelnd sah ich auf meinen zehnjährigen Sohn runter. Friedlich und mit einem glücklichen Lächeln auf den roten Wangen schlief er den Schlaf der Gerechten. Auch für mich war es ein herrlicher Tag gewesen und bin glücklich, wenn er es ist. Wir hatten vereinbart wieder mal so einen Tag zu veranstalten. Dann, wenn etwas Gras über die Sache gewachsen war und wir wieder Frieden mit meiner Frau, allen Nachbarn, dem Parkwächter, der Aufsicht an der Seilbahn, der Bedienung in der Pizzeria, der netten alten Dame vom Kino und den Kindern vom Spielplatz geschlossen hatten. Und man mich nicht vorher in die Klapse eingewiesen hatte. Aber... wir würden es wieder tun.



Eingereicht am 29. April 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
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