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Kurzgeschichte Kurzgeschichten

Dissonanzen

© Peter Berger


Dissonanzen habe es gegeben. Die ganze Angelegenheit sei der Sache nicht würdig.
Kriegsähnlich, zerstörerisch hat er sie genannt. Und betont, nur Abgeordneter für einen großen Teil des Orchesters zu sein. Nun sitzt er da vorn neben dem Podest für den Dirigenten und fiedelt vor sich hin. Erwin Treitschke ist ein gewissenhafter Mensch, das ist mir schon bei der Unterredung gestern aufgefallen. Er ist ein Mensch, der nur dann den Gang zum Direktor der Philharmonie antritt, wenn tatsächlich ein großes Problem zu besprechen ist. Dann aber besteht er darauf, dass man es ändere. Natürlich habe ich ihm nichts dergleichen versprochen. Seiner Bitte - die beinahe wie eine Aufforderung geklungen hatte -, bin ich doch nachgekommen: ich sollte einer Probe beiwohnen, mir selbst einen Überblick verschaffen.
Hier bin ich also, in der Philharmonie, sitze auf meinem Ehrenplatz hinter, über dem Orchester und warte auf den Eintritt des Dirigenten. Die Musiker sollten jetzt vollzählig sein. Ob es opportun war, mich ihnen vorzustellen? Schließlich sind sie mir unterstellt. Doch tue ich womöglich gut daran, zunächst ein wenig Werbung in eigener Sache zu machen, denn die Zeitungen habe viel geschrieben, was ein bestimmtes, nicht vorteilhaftes Bild von mir zu festigen hilft. "Der Laie", hatte im Regionalblatt unseres Städtchens Beta der Leitartikel geheißen und mich porträtiert als unmusikalischen und fachfremden Zahlenjongleur, dessen Herz an der Sache nicht hängt, dem dieser Posten lediglich ein weiterer Spross auf der Karriereleiter ist. Nun, fest steht: Ich bin Ökonom. Und das bin ich auch als Direktor der Philharmonie. Immerhin verschwieg der Leitartikel nicht den Hauptgrund für meine Einstellung: Die Philharmonie ist im Grunde schon lange nicht mehr finanzierbar und schwebt, was den Erfolg und die Besucherzahlen betreffen, am Rande des Abgrunds. Ich wurde eingesetzt, um den Rotstift anzusetzen. Ebenso ist es mein Auftrag, die Philharmonie und die Philharmoniker als solche zu erhalten, das aber erwähnt der Artikel nur am Rande. Allerdings liegt der Verfasser mit seiner Einschätzung, Zahlen seien mir vertrauter als Symphonien, nicht ganz fasch. Zwar vermag ich eine Bruckner-Symphonie von eines des Héctor Berlioz zu unterscheiden, doch alles, was an Feinheiten und Genauigkeiten über Gymnasialwissen hinausgeht, ist mir bis jetzt verborgen geblieben. Immerhin zeichnet mich meine Jugend aus. "Johannes Abt, das schein nicht die beste denkbare Lösung. Doch, da er jung und ideenreich ist, wird es vielleicht die bestmögliche sein." So endet der Artikel, halbwegs versöhnlich immerhin.
Nun sitze ich hier und blicke hinab auf all die Musiker in ihren Fräcken, wie sie entweder routiniert ihre Instrumente stimmen und sich einspielen oder im Flüsterton sich mit dem Nachbarn unterhalten. Gediegen ist vielleicht das Wort, was sich auf die meisten der Herren und Damen anwenden ließe. Gediegen und erfahren: Nur wenige zählen hier weniger als fünfzig Jahre. Und unter ihnen sitzen also Menschen, die sich den Anweisungen des Dirigenten widersetzen und spielen, wie sie es für richtig halten. - Bei der Begrüßung, als ich den Blick über sie alle schweifen ließ, fiel mir keiner als möglicher Revolutionär ins Auge. Alle wirkten ernst, als ich ihnen die Gründe meines Kommens darlegte, aber keiner zeigte eine Regung, sprach ein Wort. Treitschke hatte stellvertretend geäußert: "Ich danke Ihnen und hoffe, dass Sie Ihren Teil zu einer Besserung der Situation beitragen werden." Der gleiche Treitschke, der gestern noch auf meine Frage, wieso der Dirigent nicht selbst die Betreffenden zur Rede stelle, antwortete. "Weil er Angst hat. Angst davor, dass man seine altersbedingte und gesundheitsbedingte Schwäche spüren und man ihn des Amtes entheben könnte. Er ist jetzt fünfundsiebzig, gebrechlich, und, wie man sagt, schwerhörig. Dies wird vielleicht sein letztes Engagement. Der alte Jude ist ausgelaugt, will sich's aber nicht eingestehen und nimmt in Kauf, dass die Symphonie und damit das Orchester vor die Hunde geht." Ich war etwas schroff dieser Antwort entgegengetreten, und das nicht nur wegen der unsachlichen Heftigkeit des ersten Geigers, auch ein wenig aus gekränktem Stolz: Es war meine Idee, Leo Goldstein, der seinen Namen "Goldsteen" mit getrenntem st-Laut auszusprechen wünschte, zu engagieren. Er hatte überraschend wenig Gage verlangt, verfügt aber immer noch über hohes internationales Ansehen und eine breite Akzeptanz beim Publikum, obgleich er schon viele Jahre nicht mehr in dieser Stadt dirigiert hat. Meine Auswertung über die von den ansässigen Musikfreunden favorisierten Symphonien brachte ein Ergebnis, mit war. Er war mein erster vorzeigbarer Erfolg, mein erster Triumph über die Zweifler.
Er lässt auf sich warten. Treitschke wirkt angespannt, als sei er noch nicht lange erste Geige. Jetzt hält er seine Streicherkollegen dazu an, mit ihm zusammen ein paar Takte zu spielen. Unterbrochen von einer Tuba oder einer Trompete erklingt ein Stück, dessen Titel und Komponist mir unbekannt, dessen Melodie mir aber vertraut ist. - Da tritt er ein. Das also ist also Leo Goldstein, der Dirigent, der seinen Vertrag aus terminlichen Gründen ausnahmsweise nicht selbst unterzeichnet hatte. Er geht dreibeinig, wie die Sphinx sagen würde: ein Gehstock hilft ihm. Langsam tritt er ans Podest heran. Soll ich mich bemerkbar machen? Rufen? Zu ihm treten? Er hat es auf das Podest geschafft, stützt sich an sein Geländer. Treitschke nimmt ihm den Gehstock ab, Goldstein bedankt sich. Er ist ein kleiner Mann, mit fadendünnem weißen Haar und krummen Rücken. Seine Brille ist nicht unnötig wertvoll, eher schlicht gehalten. Auch er ist in vollem Ornat. Ob Treitschke auch das meinte, als er gestern von "seltsamen Anweisungen des Dirigenten" sprach? Sei es wie es sei, endlich wird angefangen. Goldstein scheint mich nicht entdeckt zu haben, oder er zeigte es nicht. "Zweiter Satz, Beginn", sagte er deutlich und beinahe akzentlos. Das Orchester spielt auf, sehr laut: ob er hört, wie laut es spielt?
Er wedelt mit dem Taktstock, macht abwehrende Gesten. Die Instrumente verstummen. Ärgerlich, denn mir gefielen diese paar Takte außerordentlich. "Nein, nein, nein. So klingt es ganz und gar nicht. Die Posaunisten, die Posaunisten haben sich etwas zu zügeln." Die letzten Worte sprach er sehr zerdehnt: man merkt daran, dass er schon lange nicht mehr in Deutschland lebt. "Die Streicher müssen hier größeres Gewicht bekommen." Keine ungewöhnliche Reaktion von Seiten des Orchesters. Die Posaunisten scheinen zu nicken. Goldstein setzt seinen Taktstock wieder an. Ah ja, tatsächlich, die Streicher hört man nun besser. Aber wieso soll diese Version nun der ersten vorangestellt sein? Sie klingt anders, gewiss, aber nicht vollkommener. - Er wedelt wieder mit dem Taktstock. "Die Violinen spielen diese Stelle zu brav." Sehr deutlich in der Akzentuierung, aber nicht laut: "In meiner Partitur steht "furioso". Ist es bei Ihnen anders?" Gemurmel und Kopfschütteln. Nicht das geringste Anzeichen von Auflehnung. Ob Treitschke, der schließlich eine sensible Natur sein muss, weil musikalischer Interpret, ob der nicht doch übertrieben hat? Oder sind diese Andeutungen für einen Außenstehenden, zumal für meines gleichen, gar nicht zu fassen? Ein wenig verloren komme ich, Ökonom, mir vor. Ich sitze, unbemerkt vom Dirigenten, in den Zuschauerreihen und begreife kaum, was unten vor sich geht. Goldstein hatte übrigens gerade auf das Kopfschütteln geantwortet: "Dann spielen Sie bitte auch "furioso"", danach noch allerlei Anweisungen an andere Instrumentengruppen gegeben. Was im Einzelnen er von ihnen wollte, weiß ich nicht.
Er lässt wieder spielen. Ich höre keinen Unterschied zum letzen Versuch heraus. Nur, das sie lauter spielen. - Was war das? Ein Kreischen inmitten der Streicher, ausgehend von einer Violine. Da! Noch einmal! Als der Rest der Violinen die Saiten entlangstreicht, fuchtelt einer mit dem Bogen herum und spielt etwas ganz anderes! Es klingt furchtbar! Doch der Dirigent lässt spielen; Anweisungen ruft er nur noch sporadisch in das Orchester.
Ach, erlösende Stille! Sie haben aufgehört. "Das kam der Art, wie ich mir diese Stelle gespielt wünsche, schon recht nahe." Ich möchte aufschreien! Kann denn so etwas offenkundig Dissonantes in irgendjemandes Ohr richtig klingen? Ist es meinem mangelnden Fachwissen zu schulden, dass ich es nicht zu genießen vermag? Es erhebt sich die erste Geige, Treitschke. "Mit Verlaub, Herr Dirigent, wundere ich mich über ihr musikalisches Verständnis. Mir kommt das Ganze schrecklich dissonant vor, was an einigen Stimmen liegt, die sich Ihren Anweisungen widersetzen." Nicht weniger Musiker murmeln zustimmend, einige enthalten sich einer Meinung. Der Dirigent will wissen, ob der Herr mit seinen Worten anzudeuten gedenkt, dass er nicht mehr in der Lage wäre, ein Orchester zu dirigieren. Treitschke fasst sich ein Herz und sagt: "Mir scheint es fast so." Goldstein entgegnet etwas so leise, dass ich Mühe habe, es zu verstehen. Es klingt wie: "Ich muss doch wohl sehr bitten." Wie ein Machtkampf wirkt es, wie die Gegner voreinander stehen. Es herrscht Totenstille im Saal. Ist Treitschke wirklich besorgt um das Gelingen der Symphonie, oder unternimmt er nicht doch den Versuch, den Dirigenten in seiner Position zu schwächen? Wozu das Ganze? Der Dirigent lässt sich nicht ein auf einen Machtkampf, besinnt sich seiner Position. Er fordert den ersten Geiger dazu auf, ihm seinen Stock zu bringen, da er meint, die Gemüter müssten sich wieder etwas abkühlen. Man sieht, dass hier auf hohem kulturellem Niveau gestritten wird, den Treitschke bringt ihm ohne Widerrede das Gewünschte und hilft ihm vom Podest.
Leise, so leise, wie es einem Stock Gehendem möglich ist, verlässt Goldstein den Saal. Gebrochenheit oder Enttäuschung an seinem Gang auszumachen wäre sicher der Interpretation zu viel. Es herrscht nervöse Stille, als die Tür hinter ihm zufällt.

-2-
Was nun? Es scheint fast so, als habe ich miterlebt, was Treitschke gestern ausgeführt hatte. Nicht viel anderes bleibt mir zu tun übrig, als hinabzusteigen und das Orchester zu dieser Begebenheit zu befragen.
Es sitzen alle auf ihren Stühlen, als ich unten ankomme. Die Stille ist dem gleichen Klangteppich gewichen, der schon vor dem Eintreten Goldsteins zu hören gewesen war. Aus Rücksichtnahme auf den Dirigenten stelle ich mich nicht auf, sondern hinter das Podest, denn auch die allzu große Nähe, die ein davor oder daneben bedeuten würde, ist hier offenbar nicht angebracht. "Meine Herren", beginne ich. Und verstumme sogleich, als sich eine wütende Klarinettistin mich anstieren sehe. "Entschuldigen Sie vielmals. Meine Damen und Herren." Kein sehr überzeugender Beginn. "Ich habe, wie Sie wissen, der Probe beigewohnt und war gezwungen, mir die Szene eben mit anzusehen." Mir kommen verständnislose und sogar ärgerliche Gesichter in den Blick. Ich wende mich an Treitschke. "Sie haben soeben ernste Vorwürfe erhoben gegen den Dirigenten und auch gegen einige Musiker. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese benennen könnten, sodass sie Gelegenheit bekommen, ihren Standpunkt darzulegen." Treitschke, der aufgestanden war und mich zum Händeschütteln genötigt hatte, sagt, dass er Martin und Lothar Schöne ausgemacht hat, betont aber erneut, nur Übermittler einer Meinung zu sein, die von der breiten Menge im Orchester geteilt würde. Soll ich Treitschke bloßstellen, oder zumindest in die Gefahr einer Bloßstellung bringen, indem ich das Orchester auf diese Aussage hin befrage, oder wäre es unklug, sich dem zweitwichtigstem Mann eines Orchesters zum Feind zu machen, denn der müsste das als Zweifel an dem Wahrheitsgehalt seiner Worte auffassen. Ich frage, weil ich noch unentschieden bin, die Schönes, ob eine verwandtschaftliche Beziehung bestünde, frage im Grunde das ganze Orchester, da sich jene noch nicht zu erkennen gegeben haben. Das Orchester lacht laut auf, und nur wenige lachen freundschaftlich. "Bitte beantworten Sie die Frage stehend, ich rede sonst mit einer Wand.", sage ich, unterwürfiger im Ton, als beabsichtigt. Ein wenig unbeholfen führe ich mich auf, das ist mir bewusst. Doch bin ich als Ökonom noch nie in die Lage geraten zu müssen, die viel mehr Fachwissen hat als ich und die das ganz genau weiß. - Die aufgestandenen Herren jedenfalls geben nicht den Anschein von revolutionärer Gesinnung. Einer von ihnen, ein Violinespieler, ist sehr alt, könnte etwa so alt sein wie Goldstein, sieht gepflegt aus mit dem kurzen, lichten weißen Haar und der Brille, die sein Gesicht sehr schmal erscheinen lässt. Er verbeugt sich leicht und in seinem Blick ist keine Spur von Frechheit. Er ist mir sympathisch. Ebenso ernst wie er, der sich als Lothar Schöne vorstellt, ist der blutjunge Martin Schöne, dessen Augen sehr reizbar und intelligent wirken, der Cello spielt. Er sagt, er sei mit Herrn Schöne weder verwand noch verschwägert. Warum ein Glucksen von ein oder zwei Seelen hinter ihm zu vernehmen ist, weiß ich nicht. "Haben Sie etwas vorzubringen, dass die Anschuldigungen, die gegen Sie erhoben werden, entkräftet oder entschärft?" Nach einem Seitenblick auf den jungen Kollegen setzt Lothar Schöne an und sagt mit angenehm tiefer Stimme: "Es würde Zwietracht gesät und Unruhe geschaffen, wenn wir unsere Einwände öffentlich vortrügen. Deshalb bitte ich Sie, uns allein anzuhören, sodass wir die Übrigen nicht vom Üben abhalten." Ohne Nachdenken bejahe ich, merke, dass Treitschkes Gesicht Empörung verrät und dass er im Begriff ist, von seinem Vetorecht Gebrauch zu machen. "Folgen Sie beide mir zu meinem Platz bitte und spielen Sie, ich bitte Sie darum, spielen Sie weiter und lassen Sie sich nicht stören von meiner Anwesenheit." Treitschke schweigt, denn er merkt, dass vollendete Tatsachen geschaffen wurden.
Heftiges Gemurmel begleitet uns hinauf auf die Galerie, und als still bleibt, rufe ich hinab: "Bitte üben Sie, meine Damen und Herren, denn allzu viel Zeit bleibt nicht." Unverzüglich beginnen die dröhnenden Blechbläser und die schwingenden Streicher mit der Arbeit, auch die Holzbläser stimmen ein in das asonante Gewirr von übenden Instrumenten. Treitschke bringt sie zur Ruhe und ruft einen Titel, woraufhin sich eine gewissen Melodik wiederherstellt. Rasch wende ich mich um zu den Schönes, die, geduldig wartend, neben mir an der Brüstung stehen und meinen entschuldigenden Gestus wohlwollend zur Kenntnis nehmen.
Der ältere setzt an: "Sehen Sie, Herr Abt, ich möchte vorausschicken, dass wir keine Politik zu betreiben gedenken, und also auch nicht vorhaben, Herrn Goldstein bloßzustellen." Martin Schöne nickt und fährt fort: "Ein seltsames Zusammentreffen ist es, dass die einzigen Idealisten den gleichen Namen haben, nicht?" Er lächelt kurz mit dem Mund, ohne dass die Augen an Wachheit einbüßen. "Natürlich sind wir Musiker. Und wir sind es überaus gern. Doch, Herr Abt, in erster Linie fühlen wir uns unserem Ideal verpflichtet, dann erst dem Dirigenten. Unser Ideal besteht darin, die Musik gemäß unseres Vermögens bestmöglich darzubieten. Werden wir daran gehindert durch offenkundig falsche Anordnungen, so sehen wir uns gezwungen, uns diesen zu widersetzen." Erläuternd spricht Lothar Schöne. "Leo Goldstein ist ein hochbegabter Dirigent, dem meine Bewunderung gilt. Aber nichtsdestoweniger haben seine Leistungsfähigkeit und seine Auffassungsgabe nachgelassen: er begeht so manchen Fehler, den er zu Anfangszeiten gemacht und dann lange Zeit nicht begangen. Sein Gefühl für den Rhythmus und die Ganzheit im Orchesterstück sind im Moment beinahe dilettantisch." - "Und aus diesem Grund widersetzen Sie sich den Anweisungen des Dirigenten." "So ist es." Ernst blicken die Schönes drein, und man ist geneigt, ihnen Glauben zu schenken. Und ich gestehe gern ein, dass ich sie sympathisch finde in ihrer Art, und dass ihr Idealismus mir imponiert. Doch wieder bemerke ich meine Unwissenheit. Ich wäre gar nicht in der Lage, ihnen zu widersprechen, was ihre Bewertungen der Dirigentenanweisungen anbelangt. Ich bin halt nur ein Ökonom. "Es sei dahin gestellt, ob Ihre Bemerkungen zutreffend sind oder nicht. Aber sind Sie nicht der Ansicht, mit Ihren hehren Idealen und der strikten Befolgung dieser, dem Ganzen mehr zu schaden als zu nützen?" "Eben das ist - hier kann ich nur von mir sprechen - meine Bredouille. Einerseits bin ich überzeigt von der Richtigkeit meiner Ansicht und glaube daran, dass man dem Ideal unbedingt folgen sollte, doch anderersei Erfolg dieses Stückes gefährden durch meine Sturheit." Lothar Schöne widerspricht. "Das sehe ich anders. Sie, werter Kollege, sind noch recht jung und können daher notwendiger Weise nicht über die Erfahrungen verfügen, wie ich es tue. Und lassen Sie mich Ihnen sagen: Das Eigentliche ist die Musik, und das spürt auch das Publikum. Musik kann Widerstreit bedeuten, und wenn dem so ist, dann mag es den Ungebildeten störend vorkommen, doch dann ist es seinem Wesen näher, als bei einer einheitlich falschen Spielweise." - Mein Gefühl, fehl am Platze zu sein bei dieser Sachverstand erfordernden Unterhaltung, ist stark genug, um das Gesagte kommentarlos hinzunehmen. Ich könnte ein Machtwort sprechen, gewiss, doch wirklich berechtigt dazu fühle ich mich nicht. "Ich hoffe, unseren Standpunkt damit hinreichend erläutert zu haben." " Ja, vielen Dank. Hiermit entlasse ich Sie - schauen Sie nicht so verdattert! - entlasse ich Sie nach unten, auf dass Sie Ihre Plätze wieder einnehmen können." Beim Runterblicken sehe ich, dass Goldstein wieder eingetreten ist, und entschließe mich, die Schönes zu begleiten und dem Dirigenten meine Aufwartung zu machen.
Goldstein schaut gespielt überrascht zu mir hinüber. "Was macht denn der als Philharmoniedirektor verkleidete Finanzhai in unserem Saale?" Ich nenne ihm den Grund. "Wie? Er hat bereits der Probe beigewohnt? Aber wieso weiß ich davon nichts, er hätte doch die Becken schlagen können…" Der Musiker, der für de Becken zuständig ist, schaut beleidigt drein. "Entschuldigen Sie, mein Herr, ich hatte nicht die Absicht, Ihr geschätztes Instrument anzugreifen." Der geistreiche Goldstein steht wieder gelehnt am Geländer seines Podests, wackelig und ein wenig Mitleid erregend. "Sehr geehrter Herr Goldstein: Ich möchte Sie ersuchen, zum Zwecke einer Unterhaltung die Proben für heute Vormittag auszusetzen. Sie ersehen bereits an meinem Erscheinen, dass die Sache unaufschiebbar ist." "Wenn das so ist, will ich mich beugen." Sagt es und lächelt. "Nicht ohne zu bedenken zu geben, dass damit die an sich schon zu kurze Probenzeit nicht gerade verlängert wird. Aber gut, ich schätze Sie nicht als einen Menschen ein, der wegen irgendetwas mich von der Arbeit abhält. Also, meine Damen und Herren, sind Sie bis heute Nachmittag befreit. Ich erwarte Sie in zweieinhalb Stunden in diesem Saale. Und, Herr erster Geiger, wenn Sie mir diesen Ratschlag erlauben, trinken Sie keinen Kaffee der Ähnliches." Gelächter im Orchester. "Treitschke ist mein Name, und ich werde tun, was ich für richtig halte", knurrt der Angesprochene humorlos. Er verlässt mit als erster den Saal, wenngleich es nicht lange dauert, bis nur noch der Dirigent und ich zurückbleiben.
Sofort, nachdem der Letzte gegangen ist, erzähle ich ihm von den Dissonanzen, die mir angetragen worden sind und derer ich selbst ansichtig werden musste. Goldstein sagt nichts, blickt ungerührt und lässt sich, nicht ohne Anstrengung, in den Stuhl des ersten Geigers fallen, auf dass dieser knarrt. "Mein lieber Herr Abt. Seien Sie so gut und verraten Sie mir, wer diese Eingabe gemacht hat." "Treitschke", sage ich, er fragt, "Wer?", wobei unklar ist, ob er mich nicht verstanden hat oder den Namen nicht kennt. "Das ist hier die erste Geige." "Ach ja. Nun, ich schätze den ersten Geiger durchaus, schätze ihn für sein präzises Spiel und für seine Leistungsbereitschaft. Er ist, durch und durch, ein solider Musiker. Leider kann ich ihn im Persönlichen überhaupt nicht ausstehen, denn er ist wesentlich misstrauisch und lachen habe ich ihn noch nie gehört. Na ja, sei es wie es sei, musikalisch hat er die Fähigkeit, dass was man ihm vorgibt, bestens umzusetzen, jedoch Glanzleistungen kann man von ihm nicht erwarten." Goldstein spricht nun ernst, aber mit einer herrlich theatralischen Stimme, die manchmal bürokratisch korrekt und dann wieder singend künstlich klingt. "Da lobe ich mir die beiden Herren, mit denen Sie vorhin hinab gestiegen sind. Mit einem von ihnen, Lothar Schöne, habe ich früher einmal längere Zeit gearbeitet - ein sehr guter Musiker und ein feiner Mensch. Er hat eine Eigenschaft, die ihn leider als ersten Geiger unmöglich macht, die aber insgesamt sehr erfrischend ist: gerne spielt er so, wie es ihm beliebt und er achtet nur in zweiter Instanz auf Anweisungen. Es gibt sicher viele Dirigenten, die so etwas schlichtweg ablehnen, nur mir gefällt es. Im Übrigen ist er frei von jeglichen Ressentiments bezüglich meiner religiösen Zugehörigkeit, was ich bei Treitschke leider bezweifeln muss. Jedenfalls: Einen Mann wie Lothar Schöne gewaltsam in den Orchesterkörper einzugliedern und ihn zum Gehorchen zu zwingen, wäre ein Unding und beraubte ihn seiner Fähigkeiten. Sehen Sie, Herr Abt, ich bin schon recht lange Diri mehr nötig, Macht zu demonstrieren durch hartes Durchgreifen. Ich habe daraus gelernt, dass, wenn ich früher getan habe, die Musiker zwar nach meinem Gusto spielten, deren individuelle Genialität aber abhanden kam und das Stück so allerhöchstens annehmbar geriet. Heutzutage ist es mir um das Ganze bestellt. Es ist gut und richtig, dass es Musiker wie den ersten Geiger gibt, ihrer bedarf ein Orchester in großer Zahl. Doch braucht es, wenn es einen gewissen Anspruch besitzt, auch einige wenige, die, vielleicht aus jugendlichem Übereifer und Idealismus oder aus Altersstarrsinn und -weisheit, ihrem Gefühl und ihrem Genius vertrauen." Das Gefühl, dem Gesprächspartner unterlegen zu sein, hat sich sozusagen potenziert. Ich bin beeindruckt von der Leuchtkraft seiner Worte, auch wenn mir diese Sichtweise von meinem wirtschaftlichen Standpunkt aus fremd ist. Aber hier wird Kunst interpretiert, und ich verstehe, dass dazu ein beträchtliches Maß an Kunstfertigkeit nötig ist. "Ich bin Ökonom. Solange ihr Wille zur Ganzheit und Vervollkommnung mir nicht die Besucher vertreibt, sollen Sie tun können, was Sie für richtig erachten." Goldstein gibt sich augenscheinlich mit diesem Vertrauensbeweis nicht zufrieden. "Herr Abt, ich bin nicht hierher gekommen, um solide Handwerkskunst abzuliefern, damit die Philharmonie saniert wird. Das können Sie bei einer Person meiner Prominenz auch nicht ernstlich gedacht haben, als Sie mich verpflichteten. Ich möchte eine perfektionierte Symphonie dirigieren, ganz gleich, ob das Publikum das würdigt. Das Dissonante gehört nun einmal zum Sonanten wie Yin zu Yang, wie Teufel zu Gott: Ohne das Andere ist das Ganze nicht vollständig."

-3-
Bald gilt es. Auf meinem Platz sitzend sehe ich, wie sich die Plätze füllen. Die Premiere rückt näher, kaum noch eine halbe Stunde hin ist sie. Ich habe Leo Goldstein heute Mittag bei der Generalprobe in bester Stimmung und Verfassung gesehen, bin demnach auch sicher, dass meine Worte nicht zuviel Vorschuss gegeben haben. Die Blätter haben meine Schwärmereien über den besten Dirigenten, den die Philharmonie je hatte, zu einer Gage, wie sie das Haus niedriger noch nie bezahlen musste, wie erhofft aufgesogen und die Kulturteile tagelang mit großen Artikeln über das illustre Publikum, das zur Rettung dieses Saals zusammengefunden, nur noch mehr Öffentlichkeitsarbeit betrieben.
Aus meinen Überlegungen, die in nervösen Bahnen mein Gehirn durchjagen, reißt mich ein Mitarbeiter, der mich anspricht und sagt, dass die beiden Ressortleiter eingetroffen wären. Ihnen, die soviel geschrieben haben, hatte ich einen Platz neben mir versprochen. Der voraus gehende Mitarbeiter dreht sich um und sagt geschäftig: "Übrigens, heute Nachmittag sind die letzten Karten für die beiden Folgevorstellungen weggegangen." "Sehr gut", sage ich, und doch bleibt die Genugtuung innerlich, die ich verspüre. Hiermit ist der Beweis erbracht, dass auch ein Ökonom wie ich einem solchen Haus Gutes tun kann.
Die zwei Ressortleiter der Kulturableitungen unserer beiden städtischen Zeitungen sehen halbwegs galatauglich aus. Lachen mich an. "Wissen Sie, was Goldstein auf unsere griffige Formulierung von dem besten Dirigenten geäußert hat?" "Nun sagen Sie schon." "‚Wenn ich so gut und so unterbezahlt bin, erlaube ich mir, die Verdoppelung meiner Gage zu verlangen.'" Schallendes Lachen und allerlei Kommentare folgen. Der Mitarbeiter bringt Sekt, wir drei trinken ein wenig und sprechen vom Ökonomischen. "Also bei den Massen und den Köpfen, die heute Abend gekommen sind, muss man ja schon vorab von einem außerordentlichen Erfolg sprechen." Ich nicke, lasse mich nicht hinreißen, führe meine Gäste zu unseren Plätzen. Vielleicht zehn Minuten Zeit bleiben, der Saal ist bereits zu zwei Dritteln gefüllt. Schön ist von den Plätzen hinter dem Orchester die gesellschaftliche Verteilung der Sitzreihen aufzulösen. Sicherlich, der Herr vom städtischen Regionalblatt sprach von Köpfen, die ausschließlich auf dieser Seite sitzen, diesen hat er sich nun zugewandt. Das Fräulein von der überregionalen Zeitung interviewt den Bürgermeister. Die Politiker und die Großbürger haben hier ihre Plätze. Doch viele elegante Damen und Herren sitzen auch noch drüben in den ersten Reihen. Dahinter haben sich die kulturell interessierten Geister Karten gesichert. Beiden Gruppierungen scheint die leichte Anhebung der Preise nicht abgeschreckt zu haben. Darüber sind links und rechts die wahren, rein des Kunstgenusses wegen erscheinenden Musikfanatiker deutlich an ihrer schlichteren Kleidung und den musikalischen Führern unterm Arm zu erkennen. Die Gymnasiallehrer, die Büroangestellten in leitenden Positionen und die kulturell weniger Interessierten, denen es um das gesellschaftliche Ereignis bestellt ist, bevölkern die mittleren Plätze. Ihr Stand grenzt oben an die jungen und deren Eltern, die sich zu dem Preis für ein Kommen entschieden haben. Die Stehrränge sind bunt gemischt und beherbergen die zu spät Gekommenen.
Pünktlich eine Minute nach dem letzten Gong erscheint der Dirigent, sodass die Ressortleiter zum Platznehmen gezwungen werden. Das ausverkaufte Haus klatscht in froher Erwartung, der strahlende Dirigent verbeugt sich lange nicht so schwerfällig wie er sich bei den Proben bewegt hat. Es scheint, als lächelte er, als er zu meinem Platz emporblickt, mich an, als wolle er sich bedanken für die Vollmachten, die ich ihm auf künstlerischem Gebiete letzten Endes gegeben. Angesichts der überwältigenden Vorverkaufszahlen hält sich mein Bauchgrimmen bislang etwas zurück.
Ganz gesittet beginnt das Orchester mit seiner Interpretation der Symphonie, bis zu ersten Wiederholung des Themas A lassen sich keine Dissonanzen heraushören. Doch nun hört man sie, vorerst sporadisch, die deutlichen Lautverschiebungen, die nicht ins Ganze zu passen scheinenden Stimmen. Der Regionalblättler verzieht das Gesicht. Das Fräulein links neben mir bleibt konzentriert, hört mit kleinen Augen und dem Kopf in die Hand gestützt. Wieder uns wieder ist es, als würden aus einer Menge von "Ah" -Schreienden wenige Stimmen beinah ebenso laut "Eh" brüllen. Selbst für den Laien sind diese Dissonanzen zu erkennen. Erste von diesen ziehen die Konsequenzen und verlassen schon nach einer Viertelstunde den Saal. Die große Menge aber bleibt ruhig. Vielleicht auch deshalb, weil der Dirigent darauf bedacht zu sein scheint, allzu ausufernde Freiheiten einzudämmen und somit kein Chaos ausbricht. Sicherlich - ich bin kein Fachmann, aber so innovativ und originell hat dieses Stück sicherlich bislang in niemandes Ohr geklungen. Hingerissen fühle ich mich, berauscht sogar von dem Wagnis, das die Musiker drunten eingehen.
Als nach dem zweiten Satz die viertelstündige Unterbrechung ansteht, und sich die Zuhörer insgesamt still erheben, sind vereinzelt Rufe zu vernehmen. "Das ist durchaus eine Überraschung", sagte das Fräulein linker Hand. "Das ist eher eine Frechheit", sagt der Herr recht neben mir. "Nun gehen wir erst einmal runter und trinken etwas." Sie stimmen zu, folgen mir, ohne Andere zu befragen.
Nachdem alle beide einige Schlücke Sekt intus haben, gehe ich zum Angriff über. "Also mich beglückt der Mut des Dirigenten, die Dissonanzen zuzulassen. Sein Ziel ist offenbar, wie ich Ihnen schon andeutete, die Vervollkommnung des Stückes mithilfe freier Stimmen und das gelingt ihm wirklich grandios, wie ich finde. Ich verstehe nun, warum er sagt: ‚Ganzheit ist nur dadurch zu erreichen, dass alle Stimmen vereinigt werden, verbunden werden, ohne ihren spezifischen Charakter zu verlieren, sodass das Ganze wertvoller als die Summe seiner Einzelstücke, sondern vielmehr ein Neues mithilfe von Altem.'" Der Regionalreporter blickt skeptisch drein, die andere wirkt aufgeklärt - ihr Blick hatte gegen Ende meines Monologs keine Ablehnung, nur noch Staunen enthalten. Beide entschuldigen sich und gehen ihren journalistischen Aufgaben nach.
Schnell wird im dritten Satz klar, dass der Dirigent insgesamt und satzintern eine Steigerung angedacht hatte. Dieser Teppich von gewohnten Klangfarben, auf dem freie Stimmen nicht mit, nicht gegen, sondern tatsächlich frei spielen, wird gegen Ende immer weiter ausgebaut, sodass das Strahlende dieser Idee auditiv allgemein erfassbar werden kann. Ein Erlebnis ist es, wenn auch die Steigerung der Freiheit zum Schluss zu einer enormen Lautstärke führt.
Nach der Pause waren einige Plätze unbesetzt geblieben, doch änderte ihr Fehlen nichts an der Gewaltigkeit der Reaktion: Nachdem die Symphonie geendigt hat, merkt man den meisten im Publikum Sitzenden ihre Unentschlossenheit an. Die Missbilligung, zu scheu in den größtenteils unbefriedigten Gesichtern, geht erst einmal unter in ein er ersten, beileibe nicht überschwänglichen Welle des Beifalls. Der Dirigent hat den Saal verlassen und ist gerade im Begriff, das Podest zu erklimmen, als einige Rufe den Saal erfüllen. Es meinen diejenigen umso lauter klatschen zu müssen, die diese radikal ablehnende Auffassung einer Hand voll Konzertbesucher nicht teilen. Es erscheint in der Tat so, als gelte der immer neu brandende Beifall, der Goldstein einige Male aufs Podest nötigt und das Orchester sich erheben lässt, in erster Linie nicht der Darbietung sondern denjenigen, die noch immer ihren Unmut kundtun. Treitschke ist im Übrigen bester Laune, strahlt und schüttelt bewegt dem Dirigenten die Hand. Die Schönes, nun, sie scheinen im Unrecht über das Wirken Goldsteins, meines Triumphs, zu sein, obgleich sie ihren Willen durchzusetzen vermochten.
Interessanterweise sieht man, dass man die Zugehörigkeit zu einer Fraktion nicht am Kartenpreis festmachen kann: Die Prominenz jubelt wie das Kleinbürgertum, Vermögende pöbeln nicht weniger als die Burschen auf den Stehrängen. Es ist herrlich mit anzusehen. Besonders die Tatsache, dass Aufregung immer Aufmerksamkeit bedeutet, stimmt mich froh, zumal Goldstein ob der Reaktion nicht unglücklich ausschaut. Den Umsätzen wird die Ablehnung der einen nicht schaden: Viele in der Stadt werden sich selbst ein Bild machen wollen.
Ich spreche sogleich das Fräulein auf das Stück an. Der Regionalblättler schaltet sich ein und antwortet für sie. "Das war ein beachtlicher dritter Satz. Doch der Tumult am Ende war wirklich nicht nötig. Diese Hitzköpfe gehören nicht in diesen Saal, sie übersehen jede Gesittung vor Erregtheit." "Ich halte das anders." Das Fräulein wirkt sehr zufrieden, beinahe vergnügt. "Ich glaube, diese heftigen Reaktionen waren zumindest einkalkuliert worden vom Dirigenten, vielleicht sogar als logische Konsequenz provoziert. Die innerer Stringenz des Stückes ist, das muss ich sagen, nachgerade genial zu nennen." Die heiseren Sätze des Fräuleins sind wahr, das spüre ich. Goldstein hatte die Dissonanzen im Zuschauerraum gewollt, genau so gewollt, wie sie gekommen sind. "Ich stimme Ihnen da bei: Es ist ein echtes Meisterwerk."
Die Rezensionen sind herrlich. Stolz bin ich, und auch freue ich mich für Goldstein. Der Regionalblättler hat immerhin noch wohlwollend geurteilt - mehr war bei ihm nicht zu holen gewesen.
Doch das Fräulein hat einen Artikel geschrieben, den ich mir aufbewahren werde, denn aus ihm spricht ein Verständnis, das ich so vom Stück nicht hatte. Was ich nur geahnt habe, hat sie formuliert: "Ein Meisterwerk" ist es betitelt. "Zum ersten Mal konnte erlebt werden, wie das eigentlich Störende, das Widerwort, das Unkonventionelle zur Perfektionierung des Ganzen beitrug, ja, diese erst möglich machte. Goldstein, der dies fraglos intendierte, ist seit gestern als der größte unter den Perfektionisten anzusehen, denn er erreichte durch Toleranz einen Effekt, der bisher unerreichbar zu sein schien. Die Symphonie wurde zum Abbild unserer selbst, sie war plastisch und kontrastreich, nunanciert und - vor allem - radikal ästhetisch."



Eingereicht am 10. Februar 2005.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.


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