"Allein erziehend" - es "muffelt"
LiLa
Dieses Etikett zwischen "getrennt lebend" und "geschieden" klebt einem plötzlich wie die sprichwörtliche "Scheiße an der Backe".
Die Mitmenschen reagieren sehr unterschiedlich auf dieses Prädikat, je nachdem, in welcher Position und Beziehung sie sich gerade dazu befinden.
Der erste Gesichtsausdruck liegt so zwischen "wissendem Verstehen" und Mitleid. Weiteres willst du nicht wirklich ergründen …
Meist geht es um die leidigen Finanzen oder zu leistende Unterschriften für die Dinge des täglichen Lebens der minderjährigen Anhängsel und andere vielfältige Gelegenheiten, wo man (Frau) diesen Um- oder auch Miss-Stand offen legen muss.
Gebühren, Eintrittsgelder, Klassenfahrten, Anschaffungen, Konto einrichten und mehr ...
Ach ja: Konto einrichten ... dazu gibt es wieder ein neuerliches Abenteuer zu berichten. Später. Wer am 17. Juli die Sendung "WISO" geschaut hat, hat uns dort erblickt …
Und dann gibt es noch die wirklich ärgerlichen und auch diskriminierenden Begebenheiten. Zum Beispiel bei der Wohnungssuche, auf Ämtern, Banken und .... und … die Palette der Demütigungen ist bunt und groß …
Immer ein bisschen wie ein Makel - man kann nicht "mithalten" mit den anderen, den "normalen" Familien.
Für die eigenen Kinder wird dies ebenso zum geflügelten Wort.
"Meine Mutter ist allein erziehend" - oder aber "WIR sind allein erziehend".
Es muffelt nach einer gewissen Bedürftigkeit.
Aber natürlich geht es nicht immer nur ums Geld.
Ist der Sprössling in der Schule zum Lehrer frech, klaut die Tochter im Drogeriemarkt einen Lippenstift, bringt der 14-jährige Sohnemann nach dem Disco-Abend erstmals einen Rausch heim - der einfache, alles erklärende Satz lautet: "Ach ja, die Mutter ist allein erziehend ..."
In "normalen" Familien kommt so etwas ja nicht vor.
"Es musste ja so kommen, kann ja nicht anders sein …"
Wirklich? Was unterscheidet uns eigentlich? Eigentlich nur das, dass man (Frau) ganz alleine DAS leisten muss, was "die anderen" mit vereinten Kräften versuchen … das Ergebnis? Das unterscheidet sich sicherlich nicht wirklich in den Bemühungen "normaler" und vollständiger Familien … es "fühlt" sich manchmal nur anders an. Aber: muss das sein?
Das dauernde Spießrutenlaufen. Die finanzielle Enge. Immer das Gefühl des "Unvermögens" - hat unsere Gesellschaft nicht genug Probleme?
Hab ICH nicht genug Probleme?
Eingereicht am 17. November 2004.
Herzlichen Dank an die Autorin / den Autor.
Nachdruck und Vervielfältigungen, auch auszugsweise,
bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Autorin / des Autors.