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Amselfrühstück

Von Wolgang Scholmanns


Es war ein wunderschöner Sommermorgen. Ich saß auf der Veranda unseres Gartens, freute mich über den Anblick der farbig leuchtenden Blumen und atmete ihren lieblich, milden Duft ein. Irgendwann bemerkte ich eine Amsel, die damit beschäftigt war, einen fetten Wurm aus dem, an unsere Veranda angrenzenden Rasen zu ziehen. Als sie ihn endlich in seiner ganzen Länge aus dem Erdreich gezogen hatte, legte sie ihren Kopf zurück, und verschlang ihn genüsslich. Ich dachte so bei mir, welch ein schöner Vogel, wie sein schwarzes Gefieder im Licht der Sonne glänzt und wie kräftig das Gelb seines Schnabels ist. Ein schöner Kontrast. Nachdem ich nun schon eine ganze Weile dem schwarzen Vogel bei seinem Frühstück zugesehen hatte, bekam ich Durst, stand auf und ging in die Küche, um mir ein Glas Mineralwasser zu holen. Als ich zurückkam, bemerkte ich, dass die Amsel fort geflogen war und sich unweit unseres Gartens, in einen Holunderstrauch gesetzt hatte. Ich lachte, als ich sah, dass sie sich nun über die saftigen Beeren der Dolden hermachte. Jetzt gibt's nach diesem fetten Wurm noch eine fruchtige Nachspeise, sagte ich schmunzelnd zu mir. Als sie einige der schwarz schillernden Perlen verzehrt hatte, flog sie auf die dem Holunderstrauch gegenüberliegende Mauer unseres Nachbarn, und strich einige Samenkörnchen des Holunderstrauches, die beim Verzehr der Nachspeise, an ihrem Schnabel kleben geblieben waren, an dem Gemäuer ab. Dann saß sie ganz ruhig da, und es schien mir, als wolle sie sich nach diesem köstlichen Festmahl, ein wenig ausruhen.
Dieses Amselfrühstück, liegt nun fast 25 Jahre zurück, wird mir aber immer wieder ins Gedächtnis zurück gerufen, wenn ich auf die nun kaum noch sichtbare Mauer unseres Nachbarn blicke. An dem Gemäuer, wächst nun ein kräftiger Holunderstrauch. Seine Wurzeln, haben im Laufe der Zeit, Teile der Mauer gesprengt, so dass jetzt im unteren Bereich ein klaffender Riss zu sehen ist. Doch mir gefällt dieses, damals so kahle Bauwerk, jetzt wesentlich besser. Geschmückt, mit dem im Frühjahr wachsenden Blattwerk, den weißen Blüten, und den im Sommer leuchtenden Beeren, ist sie jetzt richtig lebendig geworden.




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