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Mitarbeitergespräch

Von Wolfgang Scholmanns


Als ich heute Morgen aufwachte, fiel mir ein, dass ich ja um 7.30 Uhr ein Mitarbeitergespräch mit meinem Chef habe. Hätte ich mich nicht ein wenig darauf vorbereiten müssen? Nein, ich lebe gegenwärtig, und werde situationsbedingt auf Fragen und Äußerungen reagieren. Als ich dann pünktlich um 7.30 Uhr an die Bürotür meines Chefs klopfte, öffnete er mir begrüßte mich äußerst freundlich, und bot mir einen Stuhl an, der vor seinem Schreibtisch stand. Ich nahm Platz und spürte, dass ich total ruhig und ausgeglichen war. Dann ging es zur Sache! Thema: Zufriedenheit am Arbeitsplatz, Versetzungswünsche, hochwertigere Tätigkeiten. Er teilte mir mit, dass die Führungsetage und das Kollegium mit meiner Arbeit sehr zufrieden sei. Ihm persönlich sei aufgefallen, dass ich wenn Not am Mann sei, auch ohne Aufforderung, in anderen Abteilungen aushelfen würde. Außerdem hätte er den Eindruck gewonnen, dass in mir eine Menge Potenzial stecken würde, um auch hochwertigere Tätigkeiten in unserem Hause verrichten zu können. Irgendwie hatte ich geahnt, dass etwas in dieser Art auf mich zukommen würde. Ich gab ihm zur Antwort, dass ich mit meiner Arbeit, meinen Kollegen und dem ganzen Umfeld sehr zufrieden bin, und auf eine hochwertigere Tätigkeit, keinen Wert lege. Seine Augen blickten fragend, und ich merkte, dass er meine Reaktion auf sein doch so edles Angebot nicht nachvollziehen konnte. Irgendwie tat er mir einfach nur Leid. Ich gab ihm dann mal in aller Offenheit eine Erklärung über meine Einstellung zum Leben ab, sagte ihm, dass ich durch die Lehre des Buddha erkannt habe, was Leben ausmacht, und dass der Weg zum Ziel nicht der ist, den die meisten Menschen heute gehen. Er war erstaunt, fragte nach, wollte mehr und mehr erfahren. Ich erzählte vom Loslassen, vom Glück durch Verzichten, von freiem Geist, vom Zufriedensein mit dem was man hat, von Liebe und Vertrauen und hatte irgendwann den Eindruck, er würde mich ein bisschen verstehen. Zum Ende des Mitarbeitergespräches hin bestätigte sich mein Eindruck dadurch, dass er mir sagte, dass er es verstehen würde, dass mir die Zufriedenheit wichtiger sei, als das Streben nach Karriere und dem damit verbundenen Mehrverdienst. Er würde in einem Schreiben an die Personalverwaltung vermerken, dass ich meine Tätigkeit wie bisher ausüben möchte, und außerdem dafür sorgen, dass ich meinen Arbeitsplatz behalte. Nach einer schon fast freundschaftlichen Verabschiedung, ging ich gutgelaunt, in mein Büro und freute mich über den positiven Verlauf dieses Mitarbeitergespräches. Im Laufe des Vormittags, klopfte ein Kollege an meine Tür, und überreichte mir die Durchschrift des Schreibens, welches mein Chef an die Personalabteilung geschickt hatte. Das Erstaunen, lag nun auf meiner Seite.
Folgender Text war darauf zu lesen:
Ich habe mit Herrn S. über organisatorische Veränderungen die sich in der Verwaltung abzeichnen gesprochen. Vor diesem Hintergrund wurden Ansatzmöglichkeiten in anderen Teams erwogen. Ich als Teamleiter traue Herrn S. hochwertigere Tätigkeiten zu und bin davon überzeugt, dass er die ihm übertragenden Aufgaben zu unserer vollsten Zufriedenheit ausführen wird. Herr S. will aber erst einmal abwarten und hat sich zu einem eventuell bevorstehenden Berufswechsel nicht geäußert.




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