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Ich bin zu Hause
© Anne-Sophie Hußler
Es fing alles mit einem verzweifelten Weinen an. Doch warum weine ich? Langsam werde ich wach, doch ich weiß nicht wo ich bin. Ich bin zu Hause. Ist das denn mein zu Hause? Es scheint so, doch alle meine Sachen sind weg, alles, das Einzige was mich noch an mein Zimmer erinnert, ist das Fenster und das Licht, das jeden Morgen in mein Zimmer scheint und mich zeitiger weckt als ich es eigentlich möchte, wenn ich vergessen habe die Jalousien herunterzulassen, doch ich habe gar keine Jalousien mehr. Warum nicht?
Ich möchte aufstehen, weil ich hungrig bin, doch es geht nicht, ich bin zu schwach. Mein Mund ist so trocken und es ist eine wahnsinnige Hitze. Ich suche nach dem Ventilator, der sonst immer direkt neben meinem Bett steht, doch auch er ist verschwunden. Ich greife nach dem Glas Wasser, das mir Mutti abends immer ans Bett bringt, wenn ich sie darum bitte, doch sie hat es gestern wohl vergessen und ich muss schon eher eingeschlafen sein.
Ich möchte Mutti rufen, doch es kommen kaum Töne aus meinem Hals. Ich habe es aufgegeben, liege stumm da und schaue mich in meinem Zimmer um. Es sieht heruntergekommen aus und es erinnert mich an den Keller meiner Großmutter.
Schließlich gelingt es mir doch nach Mutti zu rufen, doch es sind fremde Worte die aus meinem Mund kommen, ich kenne sie nicht, und weiß nicht was sie bedeuten, dann rufe ich erneut und etwas lauter als beim ersten Mal, denn sie scheint mich nicht gehört zu haben. Sie lässt mich doch sonst nie allein, wo ist sie nur?
Mühsam schleppe ich mich aus dem Bett, ich habe Schmerzen, bin ich etwa krank?
Ich gehe durch das Haus und suche nach meiner Mutter, schließlich gebe ich es auf und beschließe lieber selbst nach etwas zum Essen zu machen, doch ich finde nichts und alles ähnelt Oma's Keller, es ist dunkel überall aber nur viel, viel wärmer als dort.
Das Einzige was ich finden konnte war eine schmutzige Schale voller Wasser, ich blicke hinein und bekomme einen Schreck. Bin das etwa ich? Ein Mädchen mit farbiger Haut und schwarzen Haaren? Es muss an der Dunkelheit der Räume liegen. Ich gehe hinaus mit der Schüssel, doch anstatt ich in unseren Garten trete liegt vor mir etwas, das eher einer Wüste gleicht. Keine Pflanzen und wenn dann alles von der Sonne verbrannt und verdorrt, total trocken und kein Flecken Grün.
Meine Eltern hacken auf dem steinharten Boden herum. Sie sind farbig, farbig wie ich. Sie reden mit mir, doch ich kann sie nicht verstehen ich bekomme einen großen Schreck und lass die Schüssel mit dem Wasser fallen, es verdunstet sofort und es kam mir so kostbar vor. Ich beginne zu weinen, doch meine Eltern trösten mich nicht wie sonst, sie sehen eher verärgert aus über das vergossene Wasser. Mir tut es leid.
Es schmerzt mir alles so sehr, ich bin hungrig und brauche auch etwas zum Trinken, da mein Hals durch das viele Weinen nur noch trockener geworden ist und jetzt schon wehtut. Außerdem ist mir unheimlich heiß, ich glaube ich habe Fieber. Ich sage meinen Eltern, dass ich krank bin aber sie scheinen mich nicht gehört zu haben, wahrscheinlich wollten sie mich auch gar nicht hören. Sie arbeiten weiter und ignorieren mich. Ich breche zusammen und muss noch mehr weinen, ich kann mich nicht mehr beruhigen, am liebsten
würde ich sterben. Ich bin allein, ganz allein, niemand ist bei mir, niemand tröstet mich, niemand sorgt sich um mich und niemand nimmt mich war, ich bin niemand und ganz allein.
Wieder werde ich von der Sonne, die in mein Zimmer scheint geweckt, doch dieses Mal bin ich nicht böse darüber, ich freue mich, dass der neue Tag mit so schönem Wetter beginnt. Ich springe aus dem Bett und trinke den Rest das Wassers aus, das mir meine Mutti am Abend ans Bett gestellt hatte. Ich freue mich, dass sie daran gedacht hat und merke wie das Wasser Schluck für Schluck meinen Körper stärkt. Ich fühle mich wohl und ich bin zu Hause. Meine Mutter kommt ins Zimmer, denn sie hörte mich laut durch mein Zimmer
springen, sogleich falle ich ihr um den Hals und sage ihr wie lieb ich sie doch hab, sie entgegnete mir das selbe. Das hatte mich noch nie zuvor so glücklich gemacht und ich freue mich, dass ich nun zu Hause sein darf, dort wo ich mich zu Hause fühle und ich hoffe das Mädchen aus Afrika wird auch ihr Zuhause finden, wo auch immer es sein mag.
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