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Verena und die Traumlöwen

©  Bärli Mayer


Verena war ein verträumtes Mädchen. Seit der Scheidung ihrer geliebten Eltern, träumte sie sogar am Tag… sie setzte sich oft hin und vergaß alles rum sich herum und fing an zu träumen.
Sie träumte davon, dass ihre Eltern wieder zusammen wären, dass ihr kleiner Bruder noch leben würde und sie träumte von ihren Lieblingstieren, von wilden, großen Löwen.
Diese Löwen waren im Traum immer ihre Beschützer, nur wenn sie da waren, fühlte sie sich sicher.
Seit ihr Brüderchen Tim an Leukämie gestorben war, war es bei ihnen zu Hause immer schlimmer geworden. Die Eltern hatten sich immer mehr auseinander gelebt und Verena wurde immer trauriger, weil sie es mit ansehen musste. Ihre Eltern stritten nicht etwa, nein, sie waren stumm und wurden immer stummer, bis sie eines Tages Verena zu sich riefen und sagten, dass sie sich scheiden lassen wollten, weil sie sich nichts mehr zu sagen hatten.
Verena weinte eine ganze Nacht lang und war viele Wochen sehr, sehr traurig. Sie erlebte die Trennung ihrer Eltern mit, war fassungslos und einsam.
Sie verlor auch ein paar Freunde, weil sie sich immer mehr zurückzog und sie vermisste ihr kleines Brüderchen. Allerdings wusste sie auch, dass er es im Himmel besser hatte, da er wirklich sehr krank gewesen war und keine Chance gehabt hatte.
So verging ein Jahr und noch ein Jahr und bald war es schon drei Jahre her, dass ihre Mama und ihr Papa geschieden waren und ihr Brüderchen war nur noch ein schöner Gedanke, die Trauer war Gott sei Dank vergangen. Verena lebte mit ihrer Mama zusammen und ihr Papa war in Afrika. Er arbeitete dort als Arzt für die Armen und das gefiel Verena sehr, obwohl sie ihn vermisste.
Vielleicht liebte sie ja deshalb so sehr die großen Löwen.
Eines Abends, Verena lag schon eine Weile im Bett, dachte sie wie es wohl wäre, wenn sie auch in Afrika wäre und über diesen schönen Gedanken schlief sie ein.
Auf einmal fühlte sie sich wie auf Wolken, ihr Bett verschwand und um sie herum wurde alles hell und grün und alles blühte. Sie stand auf und sah sich um. Da entdeckte sie auf einer Lichtung ein Löwenpaar. Sie hatte seltsamerweise gar keine Angst und ging auf die herrlichen Tiere zu. Als sie ankam, sprach sie einer der Löwen an: "Hallo Verena, wir haben lange auf dich gewartet, endlich bist du da. Wir sind die Herrscher des Dschungels und die Beschützer deines Papas und wir heißen Ra und Re."
Verena war überhaupt nicht erstaunt, dass die Löwen sprechen konnte und sie dachte, dass es wohl daran lag, dass sie halt träumte und im Traum ist ja alles möglich.
Sie sagte zu den Löwen: "Ich freue mich, euch zu treffen, könnt ihr mir von meinem Papa und vielleicht von meinem Brüderchen erzählen?"
Der Löwe Ra sagte: "Also deinem Brüderchen geht's toll im Himmel, er hat schon viele kleine Engelfreunde gefunden und ist immer fröhlich. Und dein Papa hat schon ganz viele Menschen in unserem armen Land gesund gemacht und ist sehr beliebt. Er ist gesund und munter und lacht wieder."
Und Re meinte: "Ich habe sogar gehört, dass er davon gesprochen hat, dass er wieder nach Hause möchte, weil er sein Kind und seine Frau vermisst. Er hat sich ja nur scheiden lassen, weil er vor lauter Trauer nicht mehr ein noch aus wusste, aber er liebt ja seine Frau noch und auch seine Verena."
Als Verena das hörte, machte sie einen Luftsprung und umarmte die Löwenbrüder. Sie tollten noch ein Weile herum und Verena schlief schließlich in den Armen der Löwen ein, die sie lieb anlächelten und sie warm hielten.
Am nächsten Morgen erwachte Verena und sie hatte ein tolles Gefühl in Bauch. So als ob etwas Schönes passieren würde. Und tatsächlich, als sie aus der Schule kam, war irgendetwas anders. Die Mutter öffnete ihr die Tür und sah seltsam glücklich aus und nahm Verena wortlos bei der Hand und führte sie ins Wohnzimmer.
Verena glaubte kaum, was sie sah. Da saß - genauso glücklich lächelnd - ihr Papa. Ihr Papa, von dem sie geträumt hatte und der doch eigentlich in Afrika war und arme Menschen gesund machte.
Er stand auf und Verena flog ihm in die Arme. Die Mutter kam dazu und alle drei hielten sich fest, als wollten sie sich nie mehr wieder loslassen.
Verena sah von der Mutter zum Vater und fragte sich, was geschehen war.
Der Vater sagte: "Ich habe meine große Trauer in der Armut von Afrika überwinden können und ich habe neue Kraft gesammelt. Endlich konnte ich deiner Mama wieder in die Augen sehen und wir haben uns ausgesprochen und wollen wieder zusammensein. Wir sind nun wieder eine richtige Familie."
Verena weinte vor Freude und war einfach nur glücklich. Auch Papa und Mama hatten Tränen in den Augen, aber auch das waren Tränen des Glücks. Endlich wurde alles gut.
Als sie sich wieder ein wenig gefasst hatten, sagte der Vater: "Verena, Kind ich darf ja eins nicht vergessen, ich habe dir ein Geschenk mitgebracht, schau!" Und er holte ein kuscheliges Löwenpaar aus seiner großen Tasche. Verena staunte. Und sie staunte noch viel mehr, als ihr Papa noch sagte: "Die zwei sind Brüder und sie heißen Ra und Re."
Sie drückte die Löwen an sich und erzählte den Eltern ihren Traum. Sie sahen sich lächelnd an und die Mutter meinte: "Es geschehen oft Dinge zwischen Himmel und Erde, die kann man nicht erklären, nehmen wir es einfach so hin und freuen uns über die Fügung des Schicksals."
Und endlich, endlich war die schlimme Zeit vorbei. Aus Verena wurde wieder das fröhliche Mädchen von früher und sie lebte mit ihren Eltern glücklich viele Jahre zusammen.
Jahrzehnte später, als ihre Eltern längst gestorben waren und Verena selbst schon erwachsene Kinder hatte, erzählte sie ihren Enkeln die Geschichte von Ra und Re beim Gute-Nacht-Sagen.
Verena lebte ein langes und glückliches Leben und als sie starb, nahm sie ihren beiden Löwenbrüder mit ins Grab und als man den Sarg schloss, zeigte sie ein glückliches Lächeln.



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