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Der Überfall

©  Nevart A. Junior


In den Jahren 1986 und 1987, ich war in Nairobi, Kenia, als Journalist tätig, als ich dort folgendes Erlebnis hatte. Es war noch ganz früh am Morgen. Das Klingeln des Telefons riss mich aus dem Schlaf. Ich schaute auf meine Armbanduhr Es war exakt fünfzehn Minuten vor vier Uhr. Ich fluchte und dachte, welcher Idiot ruft mich um diese Zeit an. Am anderen Ende der Leitung war ein Freund von mir. Er bat mich, sofort zu ihm zu kommen, er sei in großen Schwierigkeiten. Worum es bei ihm ging, sagte er mir nicht. Ich stieg aus dem Bett und warf mich in meine Klamotten. Mein Auto stand im Hof vor dem Haus. Ich sprang in das Fahrzeug und brauste los. Zu dieser Zeit waren die Straßen wenigstens frei. Nur sehr wenige Autos waren unterwegs. Ich kam gut voran.
Um zum Haus meines Freundes zu gelangen, musste ich ein beträchtliches Stück fahren. Ich wohnte in Buru-Buru, Phase 2, in der Nähe des Flughafens von Nairobi. Mein Freund wohnte am River Side Drive. Ich musste also durch die ganze City von Nairobi fahren, um auf die andere Seite der Stadt zu gelangen.
Ich fuhr den River Side Drive hinauf. Von weiten sah ich schon eine Menge Menschen vor dem Haus meines Freundes und einige Polizeifahrzeuge mit rotierenden Rotlichtern auf den Autodächern standen auch da.
Ein Krankenwagen war auch darunter. Ich parkte mein Auto dazwischen und ging ins Haus. Mein Freund erwartete mich schon an der Tür. Er war umgeben von Polizisten. Eine Gruppe Schwarzer stand in der einen Ecke des Wohnzimmers. Sie waren an Handschellen gefesselt. Mein Freund begrüßte mich. Er klärte mich nun auf, was geschehen war.
Er war früh zu Bett gegangen. Irgendwann in der Nacht wurde er durch Geräusche an der Haustür geweckt. Er schaltete kein Licht an. Im Dunklen schlich er leise die Treppe nach unten. Als Waffe hatte er seine Machete mitgenommen. Diese hatte er stets griffbereit unter seinem Bett liegen. Trotzdem sein Haus gut abgesichert war mit schweren Eisengittern vor den Fenstern und auch vor der Haustür, versuchte eine Gruppe Schwarzer ins Haus einzudringen.
Die Augen meines Freundes hatten sich bereits an die Dunkelheit gewöhnt. Er sah, wie sich eine Hand durch das schmale bereits eingeschlagene Türfenster streckte und versuchte die Innenverriegelung zu lösen. Das Türgitter musste die Bande vorher schon abmontiert haben. Die Geräusche, die dabei entstanden, hatten meinen Freund geweckt. Er schlich jetzt ganz leise bis an die Tür, hob seine Machete und schlug zu. Die abgetrennte Hand fiel in den Raum. Draußen vor der Tür ertönte ein fürchterliches Gebrüll, dann ein erbärmliches Gejammer. In den Nachbarhäusern gingen die Lichter an. Irgendwer musste die Polizei verständigt haben, denn diese war erstaunlicherweise schnell zur Stelle.
Der Grund für die Schnelligkeit der Polizei lag darin, dass in den Häusern am River Side Drive überwiegend Weiße wohnten. Jedenfalls kam die Polizei rechtzeitig um die Bande der Einbrecher fest zu nehmen. Es waren alle Somalis, die sich über die grüne Grenze eingeschlichen hatten und ihr Unwesen bis nach Nairobi ausgedehnt hatten. Es waren meist Banden aus Somalia, die in Kenia regelrecht auf Raubzüge gingen. Die Stärke der banden war unterschiedlich. Meist waren es zehn bis fünfzehn Leute, die sich zu einer Bande vereinten. Es waren jedenfalls niemals weniger als acht. Bei einem Überfall dieser Banden hatte ein Einzelner oder eine einzelne Familie keine Chance zur Gegenwehr. Bewaffnet waren diese Leute mit Keulen, Haumessern, Speeren und teilweise auch mit Schußwaffen. So eine Bande hatte versucht in das Haus meines Freundes einzudringen. Wäre es diesen Leuten gelungen und wäre mein Freund nicht geweckt worden, er wäre mit Sicherheit ein toter Mann gewesen. Diese Banden schrecken auch vor Mord nicht zurück.
Den verletzten Räuber hatte man mit Polizeibegleitung in das Krankenhaus gefahren. Die anderen schwarzen Brüder wurden nach kurzer Vernehmung ins Polizeihauptquartier abtransportiert. Es wurde ein erstes Protokoll erstellt. Am nächsten Tag sollte dann mein Freund zur endgültigen Klärung ins Präsidium kommen. Nachdem alles vorbei war und die Polizei wieder abgerückt war, verlief sich auch nach kurzer Zeit die Menschenansammlung vor dem Haus. Der ganze Spuk war vorbei.
Ein weiterer Bandenüberfall mit schlimmen Ausgang ereignete sich einige Tage später im Norden von Kenia in der Nähe von Navasha.
Ein normaler Linienbus, ein Überlandbus, hatte voll mit Reisenden Navasha verlassen. Er war auf der Fahrt nach Norden. Etwa zehn Kilometer hinter der Stadt in einem unübersichtlichen Gelände, sprangen 20 bis 25 schwerbewaffnete Schwarze mit modernen Feuerwaffen hinter den Hügeln hervor. Ohne Vorwarnung eröffneten sie das Feuer auf den Bus. Der Bus wurde regelrecht von Kugeln durchlöchert. Fahrer und Beifahrer sackten tot im Führerhaus zusammen. Einige der Passagiere versuchten, teilweise sogar schwerverletzt, durch die Fenster nach draußen zu entkommen. Die meisten wurden bei diesem Versuch durch die Räuber niedergemetzelt. Einigen, wenigen gelang es aber doch im Busch zu entkommen. Zu Fuß erreichten sie die Stadt und verständigten den Polizeiposten.
In der Zwischenzeit hatte die Bande die toten Passagiere im Bus total ausgeplündert. Auch das Gepäck wurde durchwühlt. Alles was brauchbar erschien wurde eingesackt.
Die benachrichtigte Polizei schickte eine Truppe an den Schauplatz des Überfalles. Beim Eintreffen bot sich den Polizisten ein grausiger Anblick. Alle, die nicht hatten fliehen können, waren getötet worden. Darunter auch Frauen und Kinder. Als man die Tür vom Bus öffnete, lief das Blut in Strömen aus dem Bus. Alles im Bus war voller Blut. Der Gang, die Sitze, die Wände. Es muss schrecklich gewesen sein.
Der Polizeitrupp machte sich auf die Verfolgung der Räuberbande. Kurz vor der Grenze zu Somalia wurde die Gang eingeholt und gestellt. Es kam zu einem Feuergefecht. Einige der Räuber wurden getötet. Andere entkamen mit Glück über die Grenze, wo sie nicht mehr verfolgt werden konnten. Sie waren auf den Boden von Somalia und in Sicherheit.
Bei diesem brutalen Überfall wurden 32 Fahrgäste niedergemetzelt und 12 schwer verletzt. Von den Verletzten starben noch einige später im Hospital.
In allen großen Tageszeitungen von Kenia wurde in allen Einzelheiten über diesen Vorfall berichtet.
Es war der brutalste Überfall gewesen, den man bis dahin verzeichnen konnte.
Auch danach kam es immer wieder vor, dass Banden irgendwelcher Clans aus Somalia in Kenia eindrangen und Überfälle verursachten. Aber keiner erreichte jemals die Ausmaße, wie dieser eine Überfall auf den Linienbus.



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