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Bina - die Hoffnung

©  Irene Maczurek


Sabina könnte sich wirklich nicht beklagen, sie hatte keinen Grund um über irgendetwas zu meckern. Dank ihrem Fleiß und Pflichtgefühl, die sie vermutlich vom Vater geerbt hatte, der ein bekannter Chirurg war, erreichte sie alles wonach sie strebte. Eine dreiunddreißigjährige Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben stand.
Seit drei Jahren arbeitete sie in der städtischen Kinderklinik als Pädiatrin. Sie war geschätzt für ihre Fähigkeiten, Charakterstärke und für ihre Einfühlungsgabe. Tugenden die sie, außer ihrem anerkennungswerten Fachwissen mitbrachte. Die Kollegen mochten sie genauso wie ihre kleinen Patienten. Sabina liebte ihren Beruf, den sie als die Erfüllung ihres Lebens bezeichnete, auch wenn er stressig und aufreibend war. So manchen Tag im Krankenhaus zu überstehen, war reine Kräfteprobe, dennoch ging sie zufrieden nach Hause, denn das Gefühl etwas sinnvolles zu leisten und dabei viel gelernt zu haben bedeutete ihr viel.
Ein Lächeln des kranken Kindes empfand sie als den schönsten Dank. Sie liebte Kinder und litt mit ihnen, vor allem mit Krebs- oder Aids- Kranken. Schicksale die ihr den Schlaf raubten und sie in diese verhasste Machtlosigkeit versetzten. Bekümmernisse die ihr sehr nahe gingen, zu nahe, wie es ihr der Chefarzt häufig zu erklären versuchte. Vergebens, denn Sabina konnte ihre Gefühle nicht abschalten, was sie, wie bei der kleinen Eva zur rasenden Furie machte, die "dem lieben, verfluchten Gott", einen Kampf erklärte und ihn manchmal verlieren musste.
Das kleine Mädchen kam auf die Station nach einer Blinddarmoperation. Es schien alles gut zu sein, bis sie nach ein paar Stunden sehr hohes Fieber bekam und kurz darauf ins Koma fiel. Eine Innenreinfektion. Die Ärzte entschieden sich für eine Not - OP, bei der es zum Herzstilstand kam. Sabina geriet in Panik und nach einer Sekunden langen Erstarrung, fiel sie die Narkoseärzte an, die bemüht waren den Kreislauf des Kindes zu stabilisieren.
"Tut doch etwas, verdammt! Helft dem Kind! Helft ihr!"
Sabina schob einen Kollegen zur Seite und massierte fieberhaft das Herz des Kindes, das trotz ihres verzweifelten Einsatzes nicht weiter schlagen wollte. Sie hörte die Worte des leitenden Arztes: "Zeitpunkt des Todes 23 Uhr 18", konnte aber nicht aufgeben. Ihre Hände drückten immer und immer wieder, mit sanften regelmäßigen Bewegungen auf den kleinen Brustkorb, als ob sie von einem Motor betrieben wären. Ihre Augen wichen nicht von Evas starrem Blick, den sie als Hilferuf bedeutete.
"Lass mich nicht im Stich, ich will Leben", glaubte sie im Gesicht des Mädchens zu lesen.
Sabina flehte sie an.
"Komm! Komm! Bitte gehe nicht fort, lebe!".
"Doktor Benn, hören sie auf"
Schrie der Chirurg sie an. Er nahm sie an die Schulter und drehte zu sich. "Es tut mir leid, aber wir können nichts mehr tun. Hören sie, Doktor Benn?". Fragte er, in ihre leeren Augen schauend und mit sanfter Gewalt brachte er sie in den Nebenraum, wo sie ihren gelähmten Körper auf eine Liege glitt. Sie vergoss Tränen der Enttäuschung und einer ungeheuren Wut über eigene Machtlosigkeit dem sinnlosen Tod des Kindes gegenüber.
Sie weinte während der erfahrene Kollege auf sie einsprach: von dem Beruf, der einem zum Verhängnis werden kann, wenn man sich nicht vorsieht, dass sie lernen muss sich nicht von Gefühlen leiten zu lassen, von professionellen und objektiven handeln.
Sabina war mit keinem einzigen Wort einverstanden. So wollte sie niemals sein. Professionell. Kalt. Wie ein Beatmungsgerät der nach Bedarf an oder ausgestaltet wird. Sie richtete sich auf, warf die OP-Kleidung in den Eimer. "Danke, Doktor Schneider", sagte sie und ging an ihre Arbeit zurück mit der ungebrochenen Entschlossenheit, dem Gotteswillen immer wieder aufs neue zu trotzen. Sabinas aufopferndes Engagement wurde mit der Zeit ein Grund zum Neid und Misstrauen der Kollegen, die nicht ganz so idealistisch wie sie waren und sie als eine karriereorientierte Streberin ansahen.
Ihr Partner und einziger Freund, Lukas dagegen bewunderte sie und war stolz eine dermaßen hingebungsvolle Frau auf seiner Seite zu haben. Beide waren sich sicher, dass es Liebe ist was sie verbindet. Sie waren überzeugt, dass sie zusammen durchs Leben schreiten werden, denn sie waren einfach für einander geschaffen, da gab es keine Zweifel.
Lukas arbeitete als Chefredaktor in der großen Tageszeitung, war neun Jahre älter als Sabine und um ein paar Lebenserfahrungen klüger.
"Aus zwei gestrandeten Ehen sammelt man so einiges an Erkenntnissen", gab er öffentlich zu, als das Thema, "eine Kinderärztin neue Flamme des TZ Chefredaktors", zum Thema der Boulevardpresse wurde.
Aufrichtigkeit und Respekt für andere, waren seine Markenzeichen. Ein prominenter Interview-Gast sagte mal über ihn, dass er mit seinen Fragen, so persönlich sie auch sein mögen, nie die Menschenwürde seines Gegenübers verletzt. Achtung für Menschen war sein Erfolgsgeheimnis.
Sabina wusste es zu schätzen, eine Kostbarkeit von einem Mann zu haben. Sie wurde bei jeder Gelegenheit verwöhnt und bekam dauernd seine Liebe zu spüren, die sie in vollen Zügen genoss und auch zurück gab. Sie liebte es nach Hause zu kommen und schon von Parkplatz aus das Licht in ihrer Wohnung zu sehen, in die Tür zu gehen und Wohlgeruche aus der Küche zu wittern. Nicht ihre geschmackvoll, modern und gemütlich eingerichtete Wohnung gab ihr das Gefühl "Nachhause zu kommen", sondern er, Lukas war es, der diesem Begriff einen Sinn gab.
Es passierte nicht sehr oft, dass er es einrichten konnte sich in ihrer Küche heimisch zu machen und seine Kochkünste, die ihm seine italienische Mama einpflanzte, zu entfalten, denn sein Job beanspruchte viel Zeit. Einmal in der Woche jedoch nahm er sich einfach die Zeit um Sabina mit einem Festessen zu überraschen und dafür "bei Sabina neue Lebenskräfte zu schöpfen", wie er zu sagen pflegte. Während sie in einem heißen Bad ihren müden Gliedern eine Erholung gönnte, deckte er den Tisch, zündete Kerzen an, dämmte das Licht und, mit einem edlen Tropfchen lockte er sie aus dem Bad.
Sie setzte sich brav an Tisch, schlemmte seine Gemüse - Lasagne, nippte an dem erlesenen Wein und beobachtete ihn. Es gefiel ihr, wie sein dunkles, glänzendes, etwas zu langes Haar ihm in die Stirn fiel, wie er es immerzu mit einer Hand nach hinten ordnete, wie er sie mit einem Glanz in den grünen Augen sanft anlächelte, wie er mit einer lässigen Eleganz da saß und sich mit ihr unterhielt. Die vertraute Haltung seines starken Körpers, seine Geste, die Tiefe seiner Augen, waren für sie Synonyme der Wärme und Geborgenheit. Nach einem solchen Essen blieb er meistens über Nacht, die jedes Mal die Nacht der Nächte wurde. Ihr Zusammensein hatte für beide etwas idyllisches. Lukas Zärtlichkeit, seine temperamentvolle und zu gleich sanfte Liebesspiele versetzten Sabina in Sturm der Gefühle.
"So viel Glück kann man gar nicht haben", dachte sie mit einem Anflug von Angst. Sie erschauderte bei dem Gedanken, es verlieren zu können, ihn verlieren zu können.
"Doch, ich habe so viel Glück", prägte sie sich ein als er ihren schmalen Körper liebevoll umschmiegte. Ihre Hände glitten über seine Haut, sie spürte seine Muskeln unter den Fingern, tastete ihn sorgfältig ab, als ob sie sich jede Stelle, jede Biegung seines Körpers einprägen wollte. Ihre Liebkosungen kamen ihm, wie "Engels-Berührungen" vor.
"Ich höre sogar die himmlische Musik", scherzte er sentimental.
So müde sie beide auch oft waren, sie konnten die Finger nicht von einander lassen, sie konnten nicht nebeneinander einschlafen ohne sich in einander zu verlieren. Deshalb auch wollten Beide nicht zusammenziehen, aus Sorge, diese Augenblicke an die Alltäglichkeit einzubüßen. Es sollte so bleiben wie es war. Unendlich schön.
Weit nach Mitternacht bekamen beide Hunger, eine gemeinsame Macke. Sabina holte den Korb mit Äpfeln ins Bett und versuchte einen Apfel in einem, langem Streifen zu schälen, doch es gelang ihr nicht, Lukas störte sie dabei mit neuen Zärtlichkeiten. Er tauchte sein Gesicht in ihr langes, schwarzes Haar, sein warmer Atem, den sie an der Schulter spürte, verursachte bei ihr Gänsehaut. Die Äpfel rollten laut zum Boden ein Gepolter auslösend, dass sie beide Lachten.
"Das erinnert mich an etwas worüber ich mit dir sprechen wollte", sagte Sabina lachend.
"Aha, und was?", fragte Lukas und biss in ein Apfel.
"Über unseren Urlaub".
Lukas lachte.
"Was haben Äpfel mit unserem Urlaub zu tun?"
"Viel", antwortete Sabina, "ich möchte nämlich mal dorthin wo Eva und Adam den verbotenen Apfel pflückten. Ins Paradies".
"Aha und wo ist es... das Paradies? Hm,...übrigens Eva pflückte den Apfel, Adam wollte keine Sünde begehen".
"In Afrika... weil er zu feige dafür war, das Leben auszukosten".
Das Paradise Hotel im Mombasa in dem sie die drei Wochen ihres Keniaurlaubes zu wohnen beabsichtigten, war eine Luxusherberge in der nahezu alle Nationalitäten der Welt aufeinander trafen. Touristen, Geschäftsleute, Politiker und Journalisten aus allen Herrenländern, ein Tiegel verschiedenen Rassen, Religionen und Kulturen.
Lukas versprach sich natürlich; auf dieser Reise das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und mit einer guten Reportage zurückzukehren, was ihn auch vergönnt war.
Wie der Zufall wollte, am nächsten Tag nach der Ankunft begegnete Lukas, beim Frühstücksbüfett im Hotel seine ehemalige Studienkollegin, die für das National Geographik eine Fotodokumentation in Kenia machte.
"Die - Barbara Stein?" Fragte Sabina verblüfft, als Lukas sie vorstellte, "ich kenne und bewundere ihre Fotos und Berichte. Sie sind fantastisch". "Danke, das höre ich gerne. Es ist nicht alleine mein Verdienst, sondern der meines fabelhaften Teams".
Sie zeigte auf einen Tisch an dem zwei Männer saßen. Eine von ihnen war Steve Wood, bekannter amerikanischer Naturfotograf, neben ihm, ein einheimischer Anthropologiestudent, der als Dolmetscher und Führer mitreiste. Sie nannten ihn Bantu, was in Suahelisprache, Mensch bedeutet. Seinen eigentlichen Namen kannte niemand so richtig, Bantu passte einfach perfekt zu dem unkomplizierten, höflichen, freundlichen und vor allem bescheidwissenden Burschen. Er erwies sich als eine große Hilfe beim Bereisen dieses faszinierendes aber auch gefahrenvolles Landes. Er schrieb gerade an seiner Diplomarbeit, wie sich im Gespräch herausstellte, in der er die revolutionäre Theorie, des legenderen Anthropologen, Louis Leakey behandelte, die besagt, dass nicht Asien sondern Afrika die Wiege der Menschheit ist.
Sabina fand den großgewachsenen, klugen Afrikaner, mit der distanzierten Körperhaltung sympathisch. Wogegen der Amerikaner, Wood mit seinem sicheren Auftreten und sehr lauter Stimme etwas arrogant und blasiert auf sie wirkte. Nichts desto Trotz, dank dieser Bekanntschaft bekamen, Sabina und Lukas die einmalige Chance, das wahre Kenia kennen zu lernen. Auf Steves Wood Vorschlag, sich ihnen einzuschließen, gingen sie sofort ein. So kam es, dass sie in direkte Berührung mit den afrikanischen Völkern, ihren Sitten und Ritten kamen. Zeugen von unfassbaren, mysteriösen und erschütternden Dingen wurden, die ihr bisheriges Leben verändern sollten.
Bei den Massai konnten sie das vier Tage dauerndes eunuto Ritual beobachten, bei dem die jungen Männer des Stammes Abschied vom Kriegerleben nehmen, Erwachsen werden, ihre Speere nieder legen und beginnen ihren Kopf und ihre Weisheit zu nutzen. Der Tradition nach, tanzen sie so lange, zum Klang der Kudu - Hörner bis sie in einen euphorischen Traumzustand, einen Trance fallen.
Ergreifende Erlebnisse und bewegende Eindrücken - für Sabina eine Begegnungen der dritten Art.
Sie standen zu Füßen des Kilimanjaros und badeten im Victoriasee, fuhren mit dem Jeep durch unendliche Savannen, wurden von den Giraffen überholt und von verdutzten Löwen in Augenschein genommen.
Sie stiegen in eine Propellermaschine, die nicht den Anschein vermittelte flugtauglich zu sein, trotzdem war sie es. Mehr noch, die brachte sie auf unberührte Plätze der Natur, derer Schönheit irreal wirkte und in der Tat ein Hauch vom Paradies vermittelte.
Sie übernachteten unter dem märchenhaften Sternenhimmel oder in einem Hotel. Mal aßen sie Piri-Piri-Hähnchen und tranken den teuren Ich-habe-alles-verloren-Wein.Ein anderes Mal, nur Dosenbohnen und Wasser aus einer nahen Quelle.Sie sahen Menschen, die unter der glühenden Sonne, vergeblich nach etwas essbaren suchten und solche, die satt und freudestrahlend wirkten.In den abgelegensten Dörfern trafen sie mit tapferen Frauen zusammen, die dank einer Aufklärungsinitiative des Roten Kreuzes, sich der sinnlosen Verstümmelung durch Beschneidungsritual wiedersetzen.
Sie besuchten eine Busch-Krankenstation, eine Bretterhütte mit Wellblechdach in der Malariakranke ihrem nahen Ende entgegen blickten. Und das nur, weil das Gesundheitsministerium verfügbares, aber zu teures Medikament nicht zu Verfügung stellte.
"Eine Therapie hätte einen Dollar und dreißig Cent gekostet. Scheinbar zu viel für ein Menschenleben", erzählte die Ärztin, in der von allen guten Geistern verlassenen Station. Sie selbst wollte dabei lange nicht aufgeben, solange sie noch einen Funken Glauben an die Menschlichkeit der Politiker hatte. Sabina konnte ihre Bewunderung für diese Frau und Mitleid mit den Sterbenden nicht verbergen. Sie war begeistert und erschüttert zugleich.
Als sie zwei Tage später ein sogenanntes Krankenhaus in der Provinz Nyanza besuchten und Sabina sich gegenüber den unzähligen HIV Infizierten, unter anderen vielen Kindern sah, konnte sie es nicht fassen. Sie fühlte sich beschämt, dass sie bis jetzt völlig unwissend ihr bequemes, verschwenderisches Dasein führte während hier, Tag für Tag Tausende von Menschenleben in einem stummen Hilferuf auslöschen.
Bantu erzählte, dass man in vielen Gegenden glaubt, wenn ein Aidskranker Mann, mit einer Jungfrau schläft, wird er gesund. So kommt es zu Vergewaltigungen, sogar von kleinen Mädchen, nicht selten innerhalb der Familie und folglich zu der fortdauernden Ausbreitung von AIDS, das täglich allein hier in Kenia, um die fünfhundert Opfer fordert.
Die letzte Nacht vor der Abreise, schlief Sabina nicht. Sie hatte diese todgeweihten Gesichter und die ausgestreckten, um Hilfe flehenden Kinderhände vor Augen.
Am nächsten Morgen, als sie in der glänzenden, prächtigen Flughafen-Halle alle die zivilisierten, feinen Leute sah und die, voll mit Luxusware gestopften Shops, wurde ihr speiübel. Sie stürzte in die Toilette und kotzte die quellenden Gewissensbisse aus. Mit kaltem Wasser wusch sie sich das Gesicht. Beim Blick in Spiegel verharrte sie. Sie schaute sich in die Augen nach Bekenntnis suchend und... fasste einen Entschluss, den sie niemals später bereuen sollte. Dann ging sie heraus und sagte zum Lukas, der in Sorge war, dass sie hätte sich mit Malaria oder sonst was angesteckt hatte.
"Ich gehe nicht zurück nach Deutschland. Ich bleibe hier".
"Was?" Lukas verzog ungläubig das Gesicht. "Du musst hohes Fieber haben, du phantasierst".
"Nein, Lukas, mir geht's gut und es ist mein voller Ernst. Ich habe begriffen, dass ich nicht mehr so leben kann und will, wie bisher. Nur hier gibt es für mich eine wirkliche Aufgabe und die will ich, so gut ich kann zu erfüllen versuchen. Ich denke ich habe meinen Platz gefunden ".
"Und was wird aus uns ?" Lukas wusste in diesen Moment nicht was stärke war; seine Enttäuschung oder Bewunderung für diese außergewöhnliche Frau, die er so liebte, die es mit Sicherheit nur einmal auf dieser Welt gibt und die er, in diesem Augenblick an die Kinder Kenias verlor.
"Es tut mir leid. Ich liebe dich aber ich kann nicht mit dir gehen", sprach sie auf ihn zu. "Ich bin sicher du verstehst das, denn wenn es jemand tut, dann bist du es".
Sabina blieb also im Paradies, das von Leid gezeichnet und mit Tränen durchtränkt war.
Für ein Lächeln und ein Freudeblinzeln in den Kinderaugen, die sich hier so oft, so sinnlos für immer schließen mussten, setzte sie ihr Leben und ihr Können restlos ein.
Lukas schickte ihr Spenden, die er in Deutschland für ihre Kinder sammelte und schrieb regelmäßig Briefe voller Hoffnung, dass sie eines Tages zurück kommt. Sie bewahrte sie, wie Juwelen auf und schrieb unmissverständlich zurück:

"Lieber Lukas,
du musst dein Leben ohne mich leben und mich vergessen, denn ich werde nie wieder zurück kommen.
Zu sehr berührt mich Schicksal der Kinder;
die mich anlächeln, obwohl sie nichts zum Lachen haben,
die für einen Pfennig alles tun würden,
die in Slums leben, in die wir uns nie verirren werden,
die ihr Frühstück in den Müllhalden finden und es begierig verschlingen,
die in der Welt der Ausgestoßenen aufwachsen müssen, weil sie keine andere Chance bekommen,
die in den Reisekatalogen verleugnet werden um den Touristen Lust auf Urlaub nicht zu verderben,
die, die Reporter anstarren, während sie ihren Tod dokumentieren, die an Aids sterben ohne das Wort je gehört zu haben,
deren Augen immer noch Hoffnung ausstrahlen, wo es keine mehr gibt,
die uns ihre zittrigen, hageren Händchen beim Betteln begeistert ausstrecken und Almosen als Geschenke Gottes annehmen,
die ihre Körper für eine Scheibe Brot hingeben,
die sich auf Pappkarton in einer Weltbank-Nische zum schlafen weinen und sich bei Sonnenaufgang freuen immer noch am Leben zu sein,
die von den feinen Hotelangestellten mit Missachtung aus der Wohlstandstätte davongejagt werden,
die ihr Verderben mit der Muttermilch saugen
die, die zum Analphabetismus verurteilt sind, weil ihnen das Recht zum Lernen verweigert wird.
Mich berühren die Kinder,
die mich brauchen,
die ich niemals verlassen werde,
die mich trösten, da wo sie Trost brauchen und mir damit Kraft zum Kämpfen für ihre bessere Zukunft geben, obwohl ich ihnen nicht einmal ein anständiges Jetzt versprechen kann.
Bitte, verzeih mir, dass mich ihre unendliche Not genauso berührt wie deine Liebe, die ich ihretwegen nicht annehmen wage.
Bitte, verzeih mir, dass ich meine Hand diesen Geschöpfen entgegen strecke und sie nie wieder zurück nehmen will, obwohl, selbst der "Liebe Gott" es getan hat.
Und wenn ich ihn frage: "warum?", antwortet er nicht. Wahrscheinlich ist er damit beschäftigt sinnlosen Kriegen müßig zuzuschauen.
Aber ich sage dir, er weiß nicht was er tut. Oder es gibt ihn nicht und wir, Menschen wissen nicht was wir tun.

Lebe wohl,
Sabina"

Die Kinder Kenias nannten sie Bina, was für sie ein anderer Begriff für Hoffnung war.



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