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Der Traum

©  Sebastian Kiehl


Ich war aufgewacht. Schweiß gebadet lag ich in meinem Bett, den Kopf aufgerichtet. Mein Blick schweifte in dem kleinen Raum umher, durch dessen Fenster ein nachtblauer Schein drang, der mir verriet, dass die Sonne noch nicht aufgegangen war.
Immer noch lag ich wie erstarrt da. Ich fühlte mich als sähe ich der Realität direkt in die Augen. Unsichtbare Augen, die mich in diesem Zimmer, in dieser Nacht anstarrten.
Ich stand auf. Ging durch die Tür aus dem kleinen Raum heraus in den nächsten. Die Küche. Ich öffnete den Kühlschrank in der Hoffnung etwas Essbares vorzufinden. Offensichtlich hatte ich erst vor kurzem eingekauft, denn mir boten sich viele verschiedene Speisen. Wurst, Käse, Brotaufstrich, frische Milch, alles war da.
Gemütlich setzte ich mich vor den Fernseher, dessen Bildausmaße gigantisch waren. Er musste mindestens einen Meter breit sein, vielleicht auch noch breiter. Alles in dieser Wohnung war vom Feinsten und absolut Besten.
Plötzlich verspürte ich einen stechenden und unerträglichen Schmerz in meinem rechten Bein. Langsam färbte sich meine Hose rot vom Blut, das am Bein herunter lief und mir Angst einjagte.
Natürlich jagte mir so etwas Angst ein schließlich war ich ja erst neun Jahre alt, oder vielleicht auch schon zehn, da ist man sich nicht so sicher.
Wieder erwachte ich, diesmal in einer anderen Umgebung, weit weg von der, in der ich mich noch vor wenigen Sekunden aufgehalten hatte.
Genau genommen war ich in einem Gebüsch mitten im Kongo wieder erwacht. Richtig erwacht.
Dies war mein wirkliches Zuhause, wenn man es so nennen konnte, mein echtes Leben, das ich schon so oft verflucht hatte. Die Hölle auf dieser Erde.
Seit meiner Geburt trug ich den Namen Tedros, der in meiner Sprache so viel wie "Geschenk Gottes" bedeutete. Warum man mich so genannt hatte, wußte ich nicht, denn wenn es irgendeinen Gott geben würde, stünde ich nun nicht vor den Trümmern meines Lebens.
Die Sonne schien wie fast immer hier in Afrika und die Temperatur war unerträglich. Immer noch lag ich da, wollte mich nicht bewegen, konnte mich nicht bewegen. Ich war erschöpft.
Ein Mann in einer Militäruniform näherte sich, bis er schließlich vor mir stand. Ich sah aufgrund des strahlenden Sonnenlichts nur noch Umrisse von ihm, dennoch konnte ich das Gewehr erkennen, das er in seiner linken Hand hielt.
Komm mit, Kleiner!
Wieso soll ich mitkommen?
Du kommst entweder freiwillig mit, oder ich zwinge dich dazu...
Dabei hielt er sein Gewehr gut sichtbar vor mein Gesicht. Meine Augen füllten sich mit Tränen, bis eine den Weg über meine Wange, vorbei am Mund, fand und letztlich von meinem Kinn tropfte.
Der Mann sah mich mit seinen großen braunen Augen an. Böse Augen waren es, voller Hass und Zorn. Die Tatsache, dass ich weinte schien ihn nicht weiter zu interessieren.
Wo ist deine Familie?
Meine Familie...ähm....Die sind schon alle tot.
Und du lebst hier draußen ganz allein?
Ja, das tue ich. Was willst du?
Du weißt, warum ich hier bin, du willst es nur nicht wahr haben.
Warum machst du sowas?
Weil es für eine gute Sache ist.
Blut und Tod sind für dich eine gute Sache?
Ich werde nicht sterben, du vielleicht schon.
Ach, ja?
Noch während ich dies aussprach, rannte ich weg, sah nicht zurück. Offensichtlich verfolgte er mich. Ich hörte seine Schritte auf dem vertrockneten Boden. Schnell kamen sie näher. Immer näher. Mein Herz pochte.
Dann fiel ein Schuss. Er traf mich nicht. Ich versuchte schneller zu rennen, rannte Bögen, versuchte hinter Büschen Schutz zu finden.
Ein weiterer Schuss erschreckte einige Vögel auf dem Baum hinter dem ich mich nun versteckt hatte.
An dem Baum vorbeizusehen, traute ich mich nicht und so wartete ich. Wieder waren diese Schritte zu hören, die einen grausigen Takt zu spielen schienen.
Die Sonne verkroch sich für einen Moment hinter einer kleinen Wolke, woraufhin direkt vor meinem das schrecklich lächelnde Gesicht des Mannes erschien.
Jetzt hab ich dich!
Wie so viele vor mir.
Und ich weinte, weil mir mein Leben verwehrt bleiben sollte.
SIE hatten mich.



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