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Ein Tag in Afrika

©  Sabine Liefke


Gemütlich stapfte ich mit meiner Familie durch die afrikanische Steppe, die von den Menschen Kalahari genannt wurde. Hier und da blieben wir stehen und taten uns gütlich an dem Wenigen was diese Einöde hergab. Das wenige Gras und die Wurzeln und ab und an die Rinde eines Baumes, die wir mit unseren Stoßzähnen herunter brachen. Der Weg zur Wasserstelle war lang und beschwerlich, und ich wusste, dass es am Ziel auch nicht viel geben würde. Die Zeit war schon zu weit fortgeschritten. Das Wasser dürfte nicht viel mehr als besserer Schlamm sein. Aber auch darauf freute ich mich; auf eine schöne Schlammdusche, die mich ein wenig abkühlen würde.
Ich erinnerte mich an die Zeit, zu der das Wasser im Okawango-Becken noch so hoch stand, dass man darin baden konnte. Es war wunderbar. Nachdem ich meinen Durst gestillt hatte, nahm ich ein herrliches Bad. Eine Abkühlung hatte ich dringend nötig bei dieser sengenden Hitze, die hier herrschte. Ich sog meinen Rüssel voll mit Wasser und spritzte es mir über meinen Rücken. Dann schwamm ich eine große Runde, und benutzte dabei meinen Rüssel als Schnorchel. Ich sah, dass der Rest meiner Familie es mir gleich tat. Unsere Kleinen hatten einen Riesenspaß beim Schwimmen und Tauchen. Sie kletterten auf unsere Rücken und ließen sich wieder ins Wasser fallen. Auch sie genossen das kurzzeitige Paradies; die Vielzahl der Vögel und Insekten, das saftige Grün. Viel zu schnell würde das kühle Nass versiegen und zurück blieb Schlamm und schließlich trockene Erde.
Wie ich so in Gedanken daher trottete, merkte ich plötzlich, dass etwas nicht stimmte. Meine Familie war stehen geblieben und unsere Anführerin witterte etwas in der Luft. Wir nahmen unsere Kleinen zum Schutz in die Mitte und warteten auf Entwarnung. Unsere Anführerin war eine schöne große Elefantenkuh, die sehr viele Futter- und Wasserplätze kannte. Wir achteten sie und folgten ihr überall hin. Nun wirkte sie nervös. Sie lief hin und her und gab einige schrille Warnrufe von sich. Ihre Ohren waren als Drohung aufgestellt und mit dem Rüssel schnupperte sie in der Luft. Ich konnte leider nicht sehen wer oder was uns im Wege stand, aber das war auch egal, denn offensichtlich schien die Warnung angekommen zu sein. Unsere Anführerin wurde wieder ruhig, und die Entwarnung ließ nicht lange auf sich warten. Weiter ging unser Marsch zum Okawango-Becken, und nach ein paar Minuten war der Vorfall vergessen. Die Sonne brannte heiß auf unsere Rücken. Keine Wolke war am Himmel zu sehen, kein Versprechen auf Regen. Manchmal dauerte es sehr lange bis wir wieder baden konnten. Manchmal sogar zu lange und einige unserer Kleinen überlebten die lange Trockenzeit nicht. Das Überleben in der Kalahari war nicht leicht. Als Familie beschützten wir uns gegenseitig, aber gegen das Wetter waren auch wir machtlos. Ich fing an mit meinen großen Ohren zu wackeln. Es war die einzige Möglichkeit ein wenig Abkühlung zu schaffen, wenn kein Wasser zur Verfügung stand.
Dem großen Bullen vor mir schien die Hitze nicht zu interessieren. Er hatte nur Augen für die Kuh neben ihm. Seine schön geschwungenen Stoßzähne leuchteten in der Sonne. Das von den Menschen so begehrte Elfenbein war sein ganzer Stolz. Er hatte schon manchen Kampf mit Hilfe dieser Pracht gewonnen und sich somit die Zuwendung einer Elefantenkuh gesichert. Normalerweise lebten wir friedlich, aber wenn es um die Gunst einer Kuh ging, kam es unter Rivalen schon mal zu einem Kampf, der auch manchmal mit einem abgebrochenen Stoßzahn bezahlt werden musste. Ich trottete hinter ihm her und war ein wenig neidisch auf meine Nachbarin. Ich musste mich damit begnügen ihn mit meinem Rüssel zu beschnuppern und zu betasten.
Als wir endlich an der Wasserstelle ankamen, sahen wir eine Löwengruppe in der Nähe des Ufers liegen. Sie suchten Schatten unter den wenigen Dornenbüschen und Bäumen. Auch sie hatten oft Durst und verteidigten "ihr" Wasserloch. Das hieß für uns, dass wir vorsichtig vorgehen mussten. Wir hatten zwar keine natürlichen Feinde, aber durstige Löwen konnten auch schon mal ungemütlich werden und angreifen. Vor allem mussten wir auf unsere Kleinen achten. Wir wussten nicht, ob die Löwen noch durstig oder momentan satt und müde waren. Unsere Anführerin ging voran und als sie feststellte, dass alles in Ordnung war, rief sie uns herbei. Wider Erwarten gab es noch ein wenig Frischwasser, aber die Stellen waren schon recht klein. Gerade genug um den größten Durst zu stillen, nicht genug zum Baden. Bald würden wir wieder selbst Löcher graben müssen um an frisches Wasser zu kommen. Ich bespritzte meinen Rücken mit dem immer schlammiger werdenden Nass und spürte die leichte Abkühlung. Es tat gut. Ich hatte nicht viele Möglichkeiten, meinen großen Körper vor der Hitze der Nachmittagssonne zu schützen. Also nahm ich was ich bekommen konnte, und wenn es schlammiges Wasser war, dann war es mir recht.
Wir waren jetzt schon einige Zeit im Okawango-Becken und genossen das Schlammbad, als unsere Anführerin uns zum Aufbruch antrieb. Nun hieß es zum nächsten Futterplatz weiterziehen. Der Tag ging langsam zu Ende und unsere Kleinen mussten ein wenig schlafen. Auch ich wollte schlafen, wenn wir dort waren; nicht lange, aber lange genug um neue Energie zu tanken. Wir schliefen immer abwechselnd, damit wir uns gut bewachen konnten. Die Gefahr von Löwen im Schlaf überrascht zu werden war zu groß. Der Futterplatz war diesmal nicht allzu weit und bald konnten wir uns an einigen Bäumen ergötzen. Das Gras war noch relativ saftig und es gab genug für uns alle. Die Dämmerung brach herein und die ersten Kleinen schnarchten schon, gut beschützt inmitten unserer Herde. Auch ich legte mich für einen Moment nieder. Und nach dem Nickerchen wollte ich eine weiter Mahlzeit zu mir nehmen.
Wieder hatten wir es geschafft. Wieder eine Wanderung zum Okawango-Becken, und wieder ein Tag, an dem das Paradies der Hölle ähnlicher wurde. Wieder ein Tag voller Hitze und ein Kampf ums Überleben. Ein Tag in Afrika.



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